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Neue Alternative zu Stents: Was ist davon zu halten?

Luzerner Zeitung - Im TV («Puls», SRF) habe ich gesehen, dass bei verengten Herzkranzgefässen statt Stents in vielen Fällen auch medikamentös beschichtete Ballons verwendet werden können. Das sei einfacher. Die Fachärzte sind sich aber uneins. Was taugt diese Methode? Wann eignet sie sich? Ist man als Patient quasi «Versuchskaninchen»?
6. November 2018
Lesezeit: 3 Minuten
Newsroom

Kurzantwort

Mit Medikamenten beschichtete Ballons werden schon länger zur Aufdehnung von verengten Herzkranzgefässen eingesetzt. Die Methode eignet sich aber nur in bestimmten Fällen. Sind die Voraussetzungen erfüllt, zeigen Studien sehr gute Resultate.

Cuculi Florim WebseiteBanner
PD Dr. med. Florim Cuculi Co-Chefarzt Kardiologie, Herzzentrum

Ausführliche Antwort

Herzkranzarterien (Koronararterien, Koronarien) mit Blut und damit auch Sauerstoff gespeist. Mit zunehmendem Alter kann es an den Gefässwänden dieser Arterien zu Verkalkung (Arteriosklerose) und Ablagerungen (Plaque) kommen. Das Blut fliesst nicht mehr gut durch. Dies verursacht Schmerzen auf der Brust (Angina) oder Atemnot bei Belastung.

Um das zu beheben, wird meist über die Vorderarmarterie (Radialis-Zugang) oder über die Leiste ein Ballonkatheter bis zur betroffenen Stelle vorgeschoben, wo der Ballon entfaltet wird (Dilatation). Häufig reicht dieses Aufdehnen alleine aber nicht, und es wird zusätzlich ein Stent (Gefässstütze aus feinem Metall) eingesetzt. Das hat sich weltweit millionenfach bewährt. Doch Stents haben auch Nachteile, denn letztlich sind sie Fremdkörper, und sie verunmöglichen beispielsweise das spätere Einsetzen eines Bypasses. Deshalb wird immer auch nach Alternativen gesucht.

Vorerst nur bedingt bewährt haben sich Bio-Stents mit abbaubarem Material.

Methode ist nicht neu

Die jetzt diskutierte und von Ihnen erwähnte Alternative mit Ballons, die mit Medikamenten beschichtet sind, ist nicht neu, aber sie wird zunehmend zu einer guten Option. Das Prinzip: Mit dem Ballon wird nicht nur das Gefäss aufgedehnt, sondern der Ballon ist mit Medikamenten beschichtet, welche direkt in die Gefässwand abgegeben werden und spätere Überwucherungen verhindern. Nach dem Eingriff wird der Ballon herausgezogen. Vorteil: Es bleibt kein Fremdkörper zurück.

Ursprünglich wurde diese Methode vor allem eingesetzt, um neu verengte Stents (In- Stent-Restenose) zu behandeln. So kann die Implantation eines neuen über einen alten Stent umgangen werden.

Bei «weicher» Plaque

Die mit Medikamenten beschichteten Ballons werden seit Jahren aber auch bei Patienten eingesetzt, die zuvor keinen Stent hatten. Geeignet sind sie vor allem bei «weicher» Plaque (also nicht verkalkten Arterien). Sind die Arterien aber so schwer verkalkt und verändert, dass nach dem Vordehnen das Gefäss gleich wieder zusammenfällt, braucht es unbedingt Metall-Stents.

Risiko ist gut abschätzbar

Bleibt hingegen das Gefäss nach der Vordilatation offen und ist kein sichtbarer Riss vorhanden, kann bei gutem Blutfluss und gutem EKG ein beschichteter Ballon zum Einsatz kommen. Man kann das recht gut abschätzen, und es ist extrem selten, dass ein Patient nach dem Verlassen des Herzkatheterlabors noch Probleme kriegt.

Auf diese Weise wurden weltweit Tausende Patienten behandelt, und die Studienergebnisse sind ermutigend. Man kann also sicher nicht von «Versuchskaninchen» reden. Trotzdem überlegen Kardiologen bei jedem Patienten natürlich genau, ob das, was wir tun, gut ist für den Patienten.

Manchmal muss man dabei auch dann einen Weg gehen, wenn ein Prinzip noch nicht vollständig erprobt ist. Wichtig ist, dass der Patient über die Behandlung und allfällige Folgen und Alternativen informiert ist. Wir brauchen mündige Patienten, die quasi an ihrer Therapie «mitarbeiten». Das macht auch für den Arzt die Aufgabe leichter.

Quelle: Luzerner Zeitung vom 06.11.2018

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