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«Okay. Fertig. Abbruch!»

Luzerner Zeitung: Viele Hobbysportler schätzen ihren Fitnesszustand falsch ein. Hier kann ein Leistungstest helfen: Er zeigt wie fit man effektiv ist und wie man trainieren sollte. Ein Selbstversuch.
25. Mai 2018
Lesezeit: 4 Minuten
Autor Roman Schenkel während dem Leistungstest. Sieht streng aus, ist es auch. | Corinne Glanzmann (Luzern, 7. Mai 2018)

Autor Roman Schenkel während dem Leistungstest. Sieht streng aus, ist es auch. | Corinne Glanzmann (Luzern, 7. Mai 2018)

Die Lunge brennt, das Herz pumpt, die Beine schmerzen. Irgendwann kommt der Moment, in dem ich denke, ich explodiere. Ich japse durch eine Kunststoffmaske über meinem Mund, die meine Atemgase analysiert. Mein Herz hämmert mit 186 Schlägen gegen den Brustkorb. 

Spiroergometrie mit Laktatanalyse – ein sperriger Begriff, aber eine tolle Idee, dachte ich mir, als mein Redaktionskollege mir davon erzählte. Endlich einmal kriege ich wissenschaftlich dokumentiert statt nur als vages Gefühl beantwortet, wo ich als Hobbyjogger mit meinen regelmässigen Rotseerunden stehe. Und wie viel Trainings für den SwissCityMarathon Lucerne - den halben selbstverständlich - nötig sind. Mein Kollege macht Nägel mit Köpfen. Flugs waren wir zu einer Leistungsdiagnostik in der Sportmedizin Zentralschweiz des Luzerner Kantonsspitals angemeldet. 

Unerbärmlich steigert das Laufband das Tempo

Jetzt jogge ich auf einem Laufband, meine Beine strampeln Meter um Meter ab. Meine Nase juckt unter der Kunststoffmaske, ich möchte mich kratzen. Unmöglich. Kratzen muss ich dafür an meinem Leistungslimit. Unerbärmlich steigert das Laufband die Geschwindigkeit - alle drei Minuten läuft es 1,2 Stundenkilometer schneller. Neben mir steht der Sport- und Bewegungswissenschaftler Elmar Anliker, piekst in mein rechtes Ohrläppchen und entnimmt zum x-ten Mal einen Tropfen Blut zur Bestimmung der Laktatkonzentration unter Belastung. 

26  Minuten und 36 Sekunden nach Beginn des Stufentests, der mit läppischen 7,8 Stundenkilometern entspannt begonnen hatte, ächze ich: «Okay. Fertig. Abbruch!» Das ist das Ende. So soll es sein. Scheitern ist das Ziel des Tests. Bei einem Sprioergometrietest wird der Körper bis zum persönlichen Maximum getestet. Selbst Profisportler geben dabei auf - einfach viel später. 

Jeder Sportler tickt anders

Noch dauert es 155 Tage bis zum 28. Oktober, wenn der Startschuss für den SwissCityMarathon Lucerne fällt. Genug Zeit also, um sich als Hobbysportler für den Lauf vorzubereiten. Die Motivation und wie man sich auf einen Sportevent vorbereitet, ist von Sportlerin zu Sportler jedoch sehr verschieden. Hier kann eine leistungsdiagnostische Abklärung helfen. «Mithilfe der Spiroergometrie bestimmen wir das aktuelle und potenzielles Ausdauerleistungsvermögen eines Sportlers», erklärt Anliker. Dabei werden physikalische und physische Parameter bestimmt und bewertet: zum Beispiel die Geschwindigkeit auf dem Laufband, die Herzfrequenz oder die Sauerstoffaufnahme. Anhand der Daten kann der Leistungsdiagnostiker gezielte Tipps fürs Training geben.

Anliker rät deshalb gerade auch Hobbysportlern zu so einem Leistungstest. Sein Argument: «Ihnen steht weniger Trainingszeit als Profis zur Verfügung. Deshalb können sie es sich nicht leisten - im Sinne der Effektivität und Effizienz - falsch zu trainieren.» Besonders Hobbyläufer würden beispielsweise dazu neigen, im Training zu schnell zu laufen. «Anhand einer fachmännisch durchgeführten Spiroergometrie kann die individuelle anaerobe Schwelle bestimmt werden, so dass sich präzise Aussagen über den optimalen Trainingsbereich und die Leistungserwartungen eines Ausdauersportlers treffen lassen», sagt Anliker. 

Der Körper geht oft vergessen

Viele Hobbysportler würden zudem den eigenen Körper vergessen: «Die meisten Hobbysportler kaufen sich gutes und teures Material – neue Joggingschuhe, eine neue Sportuhr. Auf den eigenen Körper achten sie aber zu wenig», sagt Anliker. Dabei sei es mindestens ebenso wichtig den Zustand seines Körpers zu kennen. «Nur so kann man effizient und effektiv trainieren», sagt Anliker. 

Für mich ist das Testergebnis ziemlich eindeutig: Es gibt viel Luft nach oben. Um das gesteckte Ziel zu erreichen braucht es viele und vor allem längere Trainings, so dass ich in einem ersten Schritt meine Grundlagenausdauer verbessern kann. Die Rotseerunde wird nicht  mehr ausreichen.

So funktioniert ein Leistungstest

Ein Leistungstest dauert alles in allem rund anderthalb Stunden. Bei der Spiroergometrie werden in einem Stufentest - auf dem Laufband oder dem Veloergometer - die Sauerstoffaufnahme und die Kohlendioxidabgabe zusammen mit der Herzfrequenz kontinuierlich analysiert. Dabei wird unter anderem die maximale Sauerstoffaufnahme bei maximaler Belastung erfasst. Mit den Daten lassen sich nicht nur Rückschlüsse auf die aktuelle Leistungsfähigkeit des Sportlers ziehen, sondern auch Vorhersagen über sein Abschneiden etwa bei einem Marathon treffen. So kann sich der Sportler realistische Ziele stecken und darauf gezielt hintrainieren. Hierzu werden in Abhängigkeit der individuellen anaeroben Schwelle Trainingsempfehlungen formuliert, so dass der Trainingsumfang und die Trainingsintensität auf den aktuellen Leistungszustand optimal abgestimmt werden können.  

Eine Spiroergometrie in der Sportmedizin Zentralschweiz (www.luks.ch) kostet 300 Franken. Optional kann eine Messung der Körperzusammensetzung zur Bestimmung der Muskel- und Fettmasse (prozentuales Körperfett) für 75 Franken absolviert werden. Swisscity Marathon Lucerne bietet zusammen mit dem Luzerner Kantonsspital eine Veranstaltungsreihe zur gezielten Trainingsvorbereitung an (www.swisscitymarathon.ch). Am Termin vom 2. Juli 19 Uhr gibt es noch freie Plätze.

Autor: Roman Schenkel

Quelle: Luzerner Zeitung

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