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Surseer Chefarzt: «Tendenz zu grösseren Spitälern ist falsch»

Luzerner Zeitung - Nach fast zwanzig Jahren als Chefarzt Medizin am Luzerner Kantonsspital in Sursee tritt Adrian Schmassmann (65) kürzer. Der Arzt und ehemalige Politiker erzählt von seinem Schaffen und erklärt, was ihn an der Gesundheitspolitik stört.
12. Juli 2018
Lesezeit: 4 Minuten
luks sursee adrian schmassmann luzerner zeitung

Tritt nach mehr als 18 Jahren als Chefarzt Medizin in den Ruhestand: Adrian Schmassmann in seiner Wirkungsstätte, dem Spital Sursee. (Bild: Dominik Wunderli, 29. Juni 2018)

Adrian Schmassmann wirkt entspannt, bittet in sein Büro im Hochhaus des Luzerner Kantonsspitals (LUKS) in Sursee und zeigt den Besuchern den Kuchen, den er als Geschenk von seinen Mitarbeitern erhalten hat. Denn nach gut 18 Jahren ist Schluss für den Chefarzt Medizin am LUKS in Sursee. Der 65-Jährige gibt diese Funktion aus Altersgründen ab.

Spitaldirektor Benno Fuchs sagt zum Rücktritt: «Mit Professor Adrian Schmassmann tritt ein verdienter Chefarzt in den Ruhestand. Er hat die Medizin in Sursee in der Spezialisierung wesentlich geprägt.» Vor wenigen Tagen ist Schmassmann an einem Anlass gewürdigt worden.

Adrian Schmassmann, Sie sind seit mehr als 18 Jahren Chefarzt Medizin am LUKS in Sursee: Was hat sich in dieser Zeit getan?

Vor 18 Jahren gab es in Sursee praktisch nur Allgemeinmedizin. In der Zwischenzeit bieten wir alle Subspezialitäten an. Wir können nun fast alle Patienten selber behandeln, arbeiten aber intensiv mit dem LUKS Luzern zusammen.

Wie hat sich die Medizin in Ihrem Spezialgebiet, insbesondere Galle, Darm und Leber, in knapp zwei Jahrzehnten verändert?

Wir haben sehr grosse Fortschritte gemacht, zum Beispiel können wir heute die Virushepatitis C heilen und die Virushepatitis B kontrollieren. Den Darmkrebs können wir häufig dank Vorsorgeuntersuchungen verhindern.

Gibt es auch Entwicklungen, die Ihnen Sorgen bereiten?

Die allergischen und immunologisch bedingten Krankheiten haben deutlich zugenommen, gerade auch im Magen-Darm-Trakt.

Wie erleben Sie die Arbeitskultur am LUKS in Sursee?

Die Zusammenarbeit ist hier absolut top. Ich war in den Unispitälern anderes gewohnt. Aus meiner Erfahrung kennt man sich an grösseren Spitälern weniger und der oft herrschende Konkurrenzkampf raubt Energie und Zeit.

Wie schätzen Sie die Luzerner Spitäler im schweizweiten Vergleich ein?

Die Medizin ist bei uns meines Erachtens besser als im Schweizer Durchschnitt. Die Patienten werden hier noch oft vom Chefarzt behandelt oder operiert. Ausserdem wird man als Patient ernst genommen. Gerade an einem Spital wie Sursee können Schicksale besser aufgefangen werden, und man steht in Kontakt mit kompetenten Hausärzten.

Gibt es Patienten, an die Sie sich besonders erinnern?

Seit ich in Sursee arbeite, wurden über 40 000 Patienten in der Medizin behandelt. Es gibt aber Schicksale, welche ich nicht vergesse. Zum Beispiel jenes einer Familie, die zuerst die Mutter wegen Darmkrebs verloren hatte und deren Sohn dann schwer verunfallte. Ich bin ein Arzt, der den Patienten auch emotional begleitet. Patientenschicksale liegen mir am Herzen.

Auf der Spitallandschaft wird eine Konzentration erwartet. Was halten Sie davon?

Die Tendenz zu wenigen aber dafür grösseren Spitälern geht meiner Meinung nach in die falsche Richtung. Am kostengünstigsten ist die Medizin, wenn ein Patient früh entlassen und ambulant weiterbehandelt werden kann. Bei uns können Patienten im Vergleich zum Schweizer Schnitt einen Tag früher nach Hause gehen. Eine Konzentration macht nur bei der hoch spezialisierten Medizin Sinn, die eine Minderheit der Patienten benötigen.

Wie sieht die Zusammenarbeit mit dem Standort Luzern aus?

Sie ist sehr gut. Ich sage auch klar: Wenn wir eine Operation oder Therapie nicht mehr in genügender Anzahl in Sursee durchführen können, überweisen wir die Patienten nach Luzern oder seltener an ein Universitätsspital.

Es ist noch unklar, ob das LUKS in Sursee bleibt.

Bei der Standortwahl sollte die aktuell schöne Aussicht auf den Sempachersee und die gute Zusammenarbeit mit dem benachbarten Pflegeheim berücksichtigt werden.

Was halten Sie vom Medizinmaster an der Uni Luzern?

40 Studentenplätze sind ein guter Anfang, es bräuchte aber noch mehr. Ich hoffe zudem sehr, dass das LUKS dereinst zum Unispital wird. So könnte die Wissenschaft noch stärker verankert werden.

Nebst der Medizin war die Politik einige Jahre ein wichtiges Standbein. Sie waren Gemeindepräsident in Eich und wurden für die CVP in den Kantonsrat gewählt.

Die Politik hat mir sehr viel Freude bereitet und dazu beigetragen, dass ich ein grösseres Verständnis für die Bedürfnisse der Bevölkerung entwickelt habe. Dies hat mir auch als Arzt sehr geholfen.

2011 wurde Ihnen vorgeworfen, dass Sie Patientenadressen für Ihren Wahlkampf für den Kantonsrat genutzt haben. Sie haben schliesslich die Wiederwahl verpasst.

Solche Behauptungen zehn Tage vor der Abstimmung darf man in einem Wahlkampf weder ernst noch persönlich nehmen.

Sie sind später nachgerückt, haben aber kurz darauf den Rücktritt verkündet.

Ich habe realisiert, dass die Medizin mein Kerngeschäft ist und mich die Patienten und Hausärzte mehr brauchen als die Politik.

Weiterhin als Arzt tätig

Adrian Schmassmann wird künftig in einem 60-Prozent-Pensum am LUKS in Sursee als Leiter Gastroenterologie (Krankheiten rund um den Verdauungsapparat) arbeiten. Zusätzlich wird er im August 2018 seine Magen-Darm-Praxis in Sursee eröffnen. Seine Frau Diana Schmassmann ist ebenfalls Ärztin und führt dort bereits seit über zehn Jahren eine internistische Hausarztpraxis. Privat will Schmassmann wieder mehr Zeit für Familie, Freunde und seine Hobbys – wie Gitarre, Marathon, Tennis und seine Katzen – haben.

Autorin: Roseline Troxler
Quelle: Luzerner Zeitung vom 11.07.2018

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