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Aarons Kampf ins Leben – wenn Babys viel zu früh geboren werden

Klein Aaron wurde eben ein Jahr alt – nach einem intensiven, herausfordernden Jahr. Am 6. Oktober 2023 kommt er viel zu früh zur Welt. In der 27. Schwangerschaftswoche. Für die Eltern Steffi und Fabian Hochstrasser beginnt eine Zeit voller Unsicherheit und medizinischer Herausforderungen, die sie dank professioneller Arbeit der Teams des Kinderspitals Zentralschweiz und der Frauenklinik des Luzerner Kantonsspitals (LUKS), grosser Unterstützung und wohlwollendem Austausch mit der Pflege meistern.
17. November 2024
Lesezeit: 4 Minuten

«Darauf waren wir nicht vorbereitet», erzählt Steffi Hochstrasser rückblickend. An jenem Morgen spürt sie, dass etwas nicht stimmt. Ihre Gynäkologin ist abwesend. Also fahren sie und ihr Mann notfallmässig in die Frauenklinik am LUKS Luzern. Der Muttermund ist bereits 4 bis 5 Zentimeter geöffnet. Dann platzt die Fruchtblase. «Ich war ruhig und fühlte mich gut aufgehoben und betreut», erinnert sich Steffi an die kritischen Momente. Um 12.34 Uhr wird Aaron per Kaiserschnitt geboren, 34 cm klein und 900 g leicht. «Als ich nach der Vollnarkose wieder wach war, fragte mich die Hebamme, ob ich stillen wollte – weil ich dann gleich mit dem Abpumpen beginnen müsste. Das hatten wir uns noch gar nicht überlegt.» 

Aaron wird sofort nach der Geburt auf die Kinderintensivstation des Kinderspitals Zentralschweiz verlegt. «Ich habe ihn das erste Mal auf einem Foto gesehen, das wir am Nachmittag aus der Kinder-IPS erhielten. Als ich am Abend im Rollstuhl rübergefahren wurde und ihn erstmals sah, prasselten die Emotionen auf mich ein», erinnert sich Steffi. Aarons Weg sollte später von zahlreichen weiteren medizinischen Komplikationen geprägt sein: Hirnblutung, Infektion, zweimalige Notoperation. Sein Darm ist noch nicht ausgereift. «Alle 72 Stunden trat eine neue Überraschung auf», sagt Steffi. Um Aaron nahe zu sein, übernachteten Steffi und ihr Mann in der zweiten Woche im Ronald-McDonald-Haus in unmittelbarer Spitalnähe.

Neonatologie wie ein zweites Daheim

Am 31. Oktober ist Aaron stabil genug für eine Verlegung auf die Neonatologie. «Jeden Tag waren wir dort. Wir wechselten uns beim «Känguruhen» ab, wo Aaron direkt bei uns auf der nackten Brust lag. Wir arbeiteten Hand in Hand mit der Pflege oder assistierten, etwa beim Wechsel der Stomaplatten. Man verbringt so viel Zeit dort und hat so viel Kontakt mit der Pflege und den anderen Eltern – die Neonatologie war für mich wie ein zweites Daheim. Wir sind dankbar für den wohlwollenden Austausch und die Unterstützung, die wir erlebten», erzählt Steffi. Der Kontakt mit anderen Eltern gibt ihr Halt und Trost. «Bis heute haben Fabian und ich mit mehreren Familien, die wir dort kennenlernten, Kontakt.»

Dass er wieder beatmet werden musste und an Schläuchen hing, war sehr schwierig für uns.

Steffi Hochstrasser, Mutter

Nach 137 Tagen endlich nach Hause

Doch Aarons Kampf ist noch nicht vorbei. Die zwei Hirnblutungen führten im Dezember zur Diagnose Hydrocephalus. «Dass er wieder beatmet werden musste und an Schläuchen hing, war sehr schwierig für uns», erinnert sich Steffi. Aaron muss punktiert werden und erhält schliesslich einen Shunt, um den Hirndruck zu senken und Hirnflüssigkeit abzuführen. Am 20. Februar, nach 137 Tagen im Spital, darf er endlich nach Hause. «Ich war 136 Tage bei ihm, an dem einen Tag hat der Papi vollständig übernommen, damit ich meinen Kopf an der Fasnacht lüften konnte», blickt Steffi zurück.

Heute ist Aaron ein fröhlicher Junge. Er entwickelt sich kognitiv und motorisch normal. «Vor kurzem haben wir seinen ersten Geburtstag gefeiert. Aktuell muss er noch jede Woche in die Physiotherapie, um seine motorischen Fähigkeiten zu fördern. Aber sonst ist er purlimunter», erzählt Steffi mit Freude.

Tipps für betroffene Eltern

  • Aarons Mutter hat für Eltern von Frühgeborenen einige Tipps:
  • Sucht den Kontakt mit anderen in ähnlichen Situationen hilft, das hilft sehr.
  • Geht offen mit der Situation um, macht, was für euch stimmt und euch gut tut.
  • Nehmt Hilfe und Unterstützung an.

Und Angehörigen und Freunden rät sie: «Eltern von Frühgeborenen brauchen sehr viel Kraft, um diese Zeit zu überstehen. Macht ihnen konkrete Hilfs-Angebote, ladet sie zum Essen ein, nehmt ihnen das Einkaufen ab, bringt ihnen Mittagessen. Es fällt viel einfacher, Nein danke zu sagen, als sich zu überlegen, was man brauchen könnte, und dies selbst aktiv zu kommunizieren.»

Heute engagieren sich Steffi und Fabian bei Frühchen Schweiz, um anderen Eltern in einer ähnlichen Ausgangslage Mut zu machen. Diese sollen sehen, dass und wie andere schwierige Zeiten überstanden haben. Am 17.11., dem internationalen Weltfrühgeborenen-Tag, sind die beiden auf der Neonatologie im LUKS mit einem Informationsstand von Frühchen Schweiz anwesend. Anschliessend werden sie betroffene Eltern an den Bettchen in der Neonatologie monatlich besuchen.  

Neubau für den sichersten Start ins Leben

«Wir sind sehr dankbar für das Engagement von Familie Hochstrasser und von Frühchen Schweiz», erklärt Prof. Dr. med. Martin Stocker, Leiter Kinderspital und Chefarzt Neonatologie und Kinderintensivmedizin. «Die Zeit auf der Neonatologie ist für Eltern sehr anspruchsvoll und der Erfahrungsaustausch mit anderen Eltern sehr wertvoll. Und natürlich freuen auch wir uns sehr, dass es Aaron heute so gut geht. Dank den heutigen medizinischen Möglichkeiten haben auch sehr früh geborene Kinder wie Aaron gute Chancen auf ein selbstbestimmtes, gesundes Leben. Diese Chancen werden noch besser, wenn wir 2026 den Neubau Kinderspital / Frauenklinik beziehen. Denn dort liegen die Kernabteilungen unseres Perinatalzentrums, also Geburtshilfe, Kinderintensivstation, Neonatologie und Kinderchirurgie sehr nahe auf einer Etage beieinander – für kürzeste Wege und den sichersten Start ins Leben.»

 

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