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Therapien Wolhusen

Fahrtauglichkeit nach Operationen

Empfehlungen für behandelnde Therapeuten und Ärzte

Für die Empfehlung der Fahrtauglichkeit müssen viele Faktoren berücksichtig werden, vom Fahrzeugtyp über biomechanische Faktoren, Reaktionsgeschwindigkeiten, kognitive Fähigkeiten und Medikamenten – Einflüsse. Es gibt kein Assessment, welches alle Punkte berücksichtigt. Für eine erhöhte Sicherheit im Strasssenverkehr ist eine eher restriktive Freigabe der Fahrtauglichkeit sinnvoll.

Das heisst in der Regel für rechtsseitige Hüftprothesen nach 6 und Knieprothesen nach 8 Wochen bei einem geschalteten Fahrzeug. Bei einem Automatikgetriebe und Operation am linken Bein sind kürzere Fahrten nach 4 resp.6 Wochen möglich. Alle anderen Eingriffe an den unteren Extremitäten müssen sinngemäss durch den Arzt beurteilt werden.
 

Wie kamen wir zu diesen Massnahmen?

Grundlagen des Strassenverkehrsgesetzes: Art. 31 Beherrschen des Fahrzeuges

Der Führer muss das Fahrzeug ständig so beherrschen, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.
Wer wegen Alkohol-, Betäubungsmittel- oder Arzneimitteleinfluss oder aus anderen Gründen nicht über die erforderliche körperliche und geistige Leistungsfähigkeit verfügt, gilt während dieser Zeit als fahrunfähig und darf kein Fahrzeug führen.

Zusammenfassung des Rechtsdienstes des LUKS

Art. 31 SVG sieht lediglich vor, dass der Führer eines Fahrzeugs das Fahrzeug ständig so beherrschen muss, dass er seinen Vorsichtspflichten nachkommen kann.

Die Bestimmung ist sehr allgemein gehalten. Rechtlich wird nicht keine volle Belastbarkeit der Beine gefordert, sondern es hängt von der Einschätzung des Arztes ab, ob die jeweilige Person noch über die erforderliche Fahreignung verfügt, dass sie ein Fahrzeug ständig so beherrschen kann, dass sie ihren Vorsichtspflichten nachkommen kann.
Es gibt in solchen Fällen, ausser das Strassenverkehrsamt erfährt es von den Ärzten oder Dritten, auch kein spezielles Verfahren bezüglich der Überprüfung der Voraussetzungen für die Fahrtauglichkeit.
Wenn das Strassenverkehrsamt jedoch aufgrund einer Meldung erfährt, dass die Fahreignung einer Person eingeschränkt sein könnte, gibt es eine medizinische Fahreignungsabklärung durch den Arzt. Dabei entscheidet der Arzt nach medizinischen Gesichtspunkten, ob die Fahreignung gegeben ist.
Gemäss telefonischer Auskunft vom Strassenverkehrsamt, halten sie sich grundsätzlich an die Einschätzung der Ärzte.

Zu beachten ist jedoch eine mögliche Haftung aufgrund eines Regresses einer Haftpflichtversicherung des Fahrers bzw. Patienten bei einem Unfall.
Dabei müsste jedoch von Seite Haftpflichtversicherung die Sorgfaltswidrigkeit des Arztes bei der Einschätzung der Fahrfähigkeit bewiesen werden. Zudem wäre eine strafrechtliche Verantwortlichkeit gem. Art. 318 StGB möglich (fahrlässige oder vorsätzliche Ausstellung eines falschen Zeugnisses). Auch bei der Fahrlässigkeit nach Art. 318 StGB geht es wieder um die Nicht-Einhaltung der Sorgfaltspflicht bei der Einschätzung der Fahrfähigkeit.
 

Überblick zu wissenschaftliche Arbeiten

Studien und Metaanalysen aus den letzten Jahren, weisen darauf hin, dass die Fähigkeit einer Vollbremsung mit einem automatisierten Fahrzeuggetriebe (Automaten) recht früh wieder möglich ist.

  • Hüftgelenks – TP rechts Vollbremsung nach 2 Wochen postop
  • Kniegelenks – TP rechts Vollbremsung nach 4 Wochen postop…
  • Hüftgelenks – TP rechts präoperatives Niveau nach 6 Wochen postop
  • Hüftgelenks – TP links präoperatives Niveau nach 8 Tagen postop…

In beiden Arbeiten wurde die Testung in einem Fahrsimulator durchgeführt. Auf der Suche nach geeigneten Assessments für unseren Arbeitsalltag, um die Reaktionsgeschwindigkeit valide zu messen, blieben wir erfolglos. Was sich durch  die Recherchen herauskristallisiert, sind jedoch Punkte, die aufzeigen, dass diese Testung nicht ausreicht:

  • Es gibt keine Standardmessung der Reaktionszeit, daher sind diese Messungen mit Vorsicht zu interpretieren und nicht vergleichbar.
  • Einen Zusammenhang zwischen der Reaktionszeit und Fahrsicherheit konnte nicht hergestellt werden.

Weiter fanden wir heraus, dass weitere Punkte für eine Fahrtauglichkeit berücksichtig werden müssen. Die Fahrtauglichkeit setzt sich aus mehreren Faktoren zusammen:

  • Bewegungsumfang (ROM verschiedener Gelenke wie Hüft, Knie, HWS und BWS)
  • Schmerzen - Schmerzmedikation
  • Muskelkraft
  • Allgemeinzustand / Nebendiagnosen / weitere Medikamente
  • Kognitive Fähigkeiten und die Wahrnehmung (in Australien machen diese Abklärungen Ergotherapeuten/innen)
  • Sehkraft
  • Reaktionsvermögen

 

Literaturangaben:

741.01 Strassenverkehrsgesetzt (SVG)

Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), Reaktionszeit im Strassenverkehr

Van der Velden C.A. at al. (2017). When is it safe to resume driving after total hip and total knee arthroplasty? A meta–alnalysis of literature on post-operative brake reaction time. Bone Joint Journal 2017; 99-B: 566-76

Jordan Maurice at al. (2014). Influence of Left- and Right-Side Total Hip Arthropasty on the Ability to Perform an Emergency Stop While Driving a Car. Archives of Physical Medicine and Rehabilitation, Volume 95, Issue 9, Pages 1702 – 1709

Sally M. Fields, Carolyn A. Unsworth (2017). Revision oft he Competency Standards for Occupational Therapy Driver Assessors: An overview oft the evidence fort he inclusion of cognitive and perceptual assessments within fitness-to-drive evaluations. Australian Occupational Therapy Jouranl (2017) 64, 328 – 339