Direkt zum InhaltDirekt zum Fussbereich

Brustkrebs: Hoffnung liegt in der Genetik

Luzerner Zeitung - Trotz guter Heilungschancen sterben jährlich 1400 Personen an Brustkrebs. Stefan Aebi, Chefonkologe am Luzerner Kantonsspital, ist zuversichtlich, dass in der Forschung weitere Erfolge erzielt werden -vor allem in einem Bereich.
18. Oktober 2018
Lesezeit: 5 Minuten
.pdf -- --.jpg

Ein Arzt untersucht Mammografie-Bilder einer Brust. Symbolbild: Keystone/Gaetan Bally

Die Vorbeugung, Erforschung und Behandlung von Brustkrebs rückt wohl nie so stark in das öffentliche Bewusstsein wie jetzt im Brustkrebsmonat Oktober. Stefan Aebi ist Chefarzt Medizinische Onkologie am Luzerner Kantonsspital und Leiter des Tumorzentrums am Spital. Der Onkologe befasst sich vorwiegend mit Brustkrebs und hat dazu etliche Studien veröffentlicht.

Stefan Aebi, immer wieder lesen wir von Fortschritten in der Brustkrebsbehandlung. Es scheint, die Medizin schreite auf diesem Gebiet besonders schnell voran. Überspitzt gesagt: Jedes Jahr kommt eine neue Therapie dazu. Ist das so?

Ganz so extrem ist es nicht. In der Brustkrebstherapie werden in kleinen Schritten viele Erfolge erzielt. Die vielen Forschungen fussen in der Häufigkeit von Brustkrebs aber auch darin, dass es sich aus pharmazeutischer Sicht lohnt, auf diesem Gebiet zu investieren. Der Absatz ist gross und wird jedes Jahr grösser, da aufgrund der demografischen Entwicklung immer mehr Frauen an Brustkrebs erkranken. Doch richtige Meilensteine, was neue Therapien betrifft, gab es im Gegensatz zu anderen Krebsformen in den letzten Jahren nur wenige.

Steht der Durchbruch noch bevor?

In der Brustkrebsforschung werden gewiss noch weitere Erfolge erzielt werden können. Die Immuntherapie, die bei anderen Krebsarten zu guten Ergebnissen führt, wird in absehbarer Zukunft wohl auch bei der Therapie von Brustkrebs positive Auswirkungen haben.

Ist das heute noch nicht der Fall?

Die Immuntherapie ist bei vielen Krebsarten, zum Beispiel beim Melanom, dem schwarzen und gefährlichen Hautkrebs, vielversprechend. Beim Brustkrebs hingegen konnten mit dieser Therapie noch nicht annähernd dieselben Erfolge erzielt werden. Bezüglich Anwendung der Immuntherapie bei Brustkrebs - dabei wird unter anderem das Immunsystem instrumentalisiert, um den Tumor zu bekämpfen - hoffen wir, noch bessere Erfolge zu erzielen. Ich bin überzeugt, dass dies gelingen wird.

Aebi Stefan WebseiteBanner
Es gibt kein Schema X, das zu jeder Brustkrebspatientin passt.

Prof. Dr. med. Stefan Aebi, Chefarzt Medizinische Onkologie

Chemotherapie, Bestrahlung, Hormontherapie: Wie finden Betroffene in diesem Dschungel an Therapieformen den richtigen Weg?

Es gibt kein Schema X, das zu jeder Brustkrebspatientin passt, weil die Behandlungsformen von vielen Faktoren abhängig sind. Neben den biologischen Eigenschaften des Brustkrebses und der Patientin spielen auch individuelle Präferenzen eine Rolle. Als Ärzte geben wir anhand der medizinischen Gegebenheiten eine Behandlungsempfehlung ab. Letztlich entscheidet aber die betroffene Person über die Behandlung. Zudem rate ich allen Betroffenen, ein zertifiziertes Brustzentrum aufzusuchen, wo man nebst medizinischer Beratung auch psychologische Betreuung in Anspruch nehmen kann.

Chemo und Bestrahlung für alle ist also nicht angezeigt.

Chemotherapie ist nur bei einem Drittel der Patientinnen in Frühstadien sinnvoll. Nämlich dann, wenn die Zellteilung schnell voranschreitet - also das Mammakarzinom schnell wächst - oder der Tumor für Hormone nicht empfänglich ist. Wenn immer möglich muss aber der Tumor mit einer Operation vollständig entfernt werden. 80 Prozent der Patientinnen unterziehen sich einer Hormontherapie, 20 Prozent einer Immuntherapie (siehe Kasten).

Was dürfen wir in Zukunft an neuen Behandlungsmöglichkeiten erwarten?

Ich bin zuversichtlich, dass mit Methoden der Genetik künftig eine präzisiere Anpassung der Medikamente an die Eigenschaften des Brustkrebses und der Patientin möglich sein wird. Es wird mit solchen Methoden auch machbar sein, bisher unbekannte Angriffspunkte für Medikamente zu finden.

Welche präventiven Massnahmen gibt es, die das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken, reduzieren?

Wenig Alkohol konsumieren, Übergewicht meiden, nicht rauchen, das Kind stillen und dreimal wöchentlich 30 Minuten Ausdauertraining. Zur Früherkennung kann man zwischen 50 und 70 Jahren alle zwei Jahre zur MammografieUntersuchung gehen. Die Mammografie ist für die meisten Frauen die am besten untersuchte Methode, um Brustkrebs festzustellen. Für Patientinnen mit Familienangehörigen, die an Brust- oder Eierstockkrebs erkrankt sind, können zusätzliche Massnahmen wie eine genetische Beratung angezeigt sein.

Ein Ziel, mehrere Behandlungsmöglichkeiten

Etwa 6000 Frauen und rund 50 Männer erkranken in der Schweiz jedes Jahr an Brustkrebs. Rund 1400 sterben. Bei frühzeitiger Erkennung sind die Prognosen gut: Über 85 Prozent leben zehn Jahre nach der Diagnose noch.

Veränderungen an der Brust - wie etwa tastbare Knoten oder Hautveränderungen - sollten von einem Facharzt untersucht werden. Generell wird Frauen ab 25 Jahren geraten, halbjährlich einen Brustultraschall und jährlich eine Brust-Magnetresonanztomografie sowie ab dem 40. Lebensjahr alle ein bis zwei Jahre eine Mammografie zu machen. Wird Brustkrebs diagnostiziert, gibt es unterschiedliche Behandlungsmethoden, wie diese Auflistung zeigt:

Chemotherapie 

Bei einer Chemotherapie erhalten die Patientinnen, in der Regel über eine Infusion, Medikamente verabreicht, die das Wachstum der Krebszellen hemmen oder sie abtöten. Solche Medikamente nennt man Zytostatika. Es gibt über hundert verschiedene Zytostatika, die je nach Krebserkrankung und Krankheitsstadium eingesetzt werden.

Bestrahlung

Eine Bestrahlung wirkt auf gesundes und erkranktes Gewebe gleichermassen: Die Zellen werden geschädigt. Die gesunden Zellen können im Vergleich zu den kranken den Schaden mehrheitlich reparieren. Durch die Strahlen wird die Verbreitung der kranken Zellen massiv eingeschränkt.

Immuntherapien

Diese Therapien mit Antikörpern (Eiweisse, die an Strukturen auf den Zellen binden) zielen darauf ab, bei Krebserkrankungen das körpereigene Immunsystem auf die Krebszellen zu lenken, um diese zu erkennen und folglich anzugreifen. Sie haben mehrere Wirkungen: Sie aktivieren zum einen das Immunsystem zur Bekämpfung des Tumors. Zum anderen stören sie beispielsweise Wachstumssignale für Krebszellen.

Hormontherapie

Eine weitere bedeutende Behandlung des Mammakarzinoms ist die Hormontherapie. Sie macht allerdings im Gegensatz zur Chemotherapie und Antikörpertherapie nur dann Sinn, wenn es sich um einen hormonempfindlichen Tumor handelt. In diesem Fall regen weibliche Geschlechtshormone, insbesondere das Östrogen, die Krebszellen zum verstärkten Wachstum an, weil diese Hormonrezeptoren, also Empfänger für das Östrogen, besitzen. Antiöstrogene können diese Stimulation vermindern. 

Quelle: Luzerner Zeitung vom 18.10.2018

Autor: Yasmin Kunz

Artikel teilen

Mehr zum Thema

Für LUKS-Newsletter anmelden

Wählen Sie Ihre Abonnements

War diese Seite hilfreich?