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Diabetes: Ist der Verzicht auf Früchte wirklich nötig?

Bote der Urschweiz - Mein Mann (75) leidet an Diabetes und hohem Blutzuckerspiegel. In der Arztpraxis wurde ihm gesagt, er solle auf alle Früchte verzichten. Süssigkeiten meidet mein Mann weitgehend, aber der Verzicht auf Früchte würde ihm schwerfallen. Mein Mann ist gertenschlank, er arbeitet auch noch auf dem Bauernhof.
23. Dezember 2019
Lesezeit: 3 Minuten
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Prof. Dr. med. Christoph Henzen, Departementsleiter Medizin, Luzerner Kantonsspital

Wenn Ihr Mann schlank ist und regelmässige körperliche Arbeit verrichtet, stellt sich zunächst die Frage, welche Diabetesform er hat? In der Schweiz leiden rund 350 000 Menschen an Diabetes mellitus, über 95 Prozent davon am Typ 2-Diabetes, der hauptsächlich durch Übergewicht und Bewegungsarmut und zu einem kleinen Teil durch genetische Vorbelastung entsteht. Der Typ 1-Diabetes dagegen wird durch einen Fehler des Immunsystems verursacht, welches die körpereigenen, insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse zerstört und meistens bereits im Kindes- und Jugendalter auftritt. Er kann sich aber auch im Erwachsenenalter und sogar bis zu einem Alter von über 80 Jahren bemerkbar machen. Ihr Mann würde also eigentlich eher in die Typ 1-Diabetesgruppe passen, was man mit einer Blutanalyse, nämlich der Messung von Antikörpern gegen die Insulinzellen, nachweisen kann. Die richtige Zuteilung ist wichtig für die Wahl der Diabetestherapie, die beim Typ 1 immer die Zuführung von Insulin, beim Typ 2 die Änderung des Lebensstils und verschiedene Medikamente bedeutet. Für Menschen mit Typ 1-Diabetes ist es wichtig, den Anteil an Kohlenhydraten in Mahlzeiten zu kennen, damit das Essensinsulin entsprechend dosiert werden kann. Für Menschen mit Typ 2-Diabetes ist es dagegen wichtig, die Kalorienzahl zu beachten, da die wichtigste Massnahme darin besteht, weniger Kalorien zu essen als zu verbrennen, also an Gewicht abzunehmen.

Kurzantwort

Ob Diabetes Typ 1 oder 2: Ernährungsverbote gibt es bei Normgewicht im Prinzip keine. Der hier vermutete Typ 1 bedeutet, dass der Mann für die richtige Insulindosierung den Kohlenhydratanteil seiner Ernährung kennen muss. Dass er gertenschlank und fit ist, deutet darauf hin, dass er alles richtig macht.

Es gibt eigentlich keine Diätvorschriften

Bezüglich Ihrer Frage zur Ernährung: Wenn Ihr Mann schlank ist, hat er - und Sie als Köchin - alles richtig gemacht! Es gibt kaum ein Gebiet der Medizin, wo sich so viele Mythen um die «richtige» Ernährung ranken wie beim Diabetes mellitus. Dabei gibt es eigentlich keine Diätvorschriften für Menschen mit Diabetes, ausser das Normgewicht zu halten. Das bedeutet im Klartext: Was man an Kalorien zu sich nimmt, muss danach auch wieder verbrannt werden. Es ist also im Grunde kein Problem, wenn Ihr Mann Süssigkeiten isst, seien das nun Früchte oder Schokolade, solange er sich körperlich so aktiv verhält, dass sein Gewicht stabil bleibt. Grundsätzlich ist der Mensch nämlich ein «Allesesser». Das heisst, der Stoffwechsel von Kohlenhydraten, Eiweiss und Fett ist so verknüpft, dass man sich auch nur von Fett und Eiweiss ernähren könnte (wie die Inuit) oder von Gemüse und Früchten (wie die Polynesier). Meine Empfehlung für eine gesunde und ausgewogene Ernährung besteht daher lediglich darin, ausgewogen von allem zu essen, Rapsöl zu verwenden, 1 (bis 2) Glas Wein und Kaffee sowie Hahnenwasser zu trinken und sich körperlich fit zu halten.

Quelle: Bote der Urschweiz vom 17.12.2019

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