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Das Reden über meine Krebserkrankung belastet mich

Ich (54) bin an metastasiertem Brustkrebs erkrankt und stehe unter engmaschiger Behandlung. Mein Umfeld nimmt regen Anteil und fragt häufig nach oder gibt Tipps. Dies wird mir oft zu viel. Wie soll ich reagieren? Teilen Sie Ihrem Umfeld mit, welche Anteilnahme Sie wollen. Sie dürfen Hilfsangebote auch ablehnen. Treten Sie selbstbewusst auf.
9. März 2021
Lesezeit: 3 Minuten
Silvia Nörenberg

Silvia Nörenberg, Dipl.-Psych., Psychoonkologin, Tumorzentrum Luzerner Kantonsspital, K&L-Dienst Luzerner Psychiatrie

Sie können bei professionellen Diensten Unterstützung holen oder sollten auf jeden Fall selbstbestimmt handeln, damit die Anteilnahme Ihres Umfelds nicht ein zusätzlicher Stressfaktor wird. Die Diagnose eines fortgeschrittenen Krebsleidens oder auch die Mitteilung eines Rückfalls verunsichert sowohl die betroffene Person als auch ihr familiäres, soziales und berufliches Umfeld oft in einem hohen Mass. Das kann starke belastende Emotionen wie Angst, Verunsicherung, Hilflosigkeitserleben, Verzweiflung oder Trauer auslösen – sowohl bei der betroffenen Person als auch bei den Angehörigen oder anderen nahestehenden Personen.

Die betroffene Person erlebt häufig eine Welle an Anteilnahme, verbunden mit Nachfragen zum aktuellen Befinden oder behandlungsrelevanten Aspekten. Diese Anteilnahme ist einerseits sehr wertvoll, sie kann tröstend, entlastend und motivierend sein. Doch manchmal führen wie bei Ihnen häufige Nach­fragen oder Ratschläge sowie Erzählungen über andere Menschen mit Krebs zu weiterem Stress. Möglicherweise fühlen Sie sich unter Druck, auf alles eine Antwort geben oder die gut gemeinten Ratschläge umsetzen zu müssen. Das kostet Sie viel Energie, die Sie eigentlich für die Behandlung und Regeneration brauchen würden.

In der psychoonkologischen Sprechstunde empfehlen wir verschiedene Möglichkeiten. Sie können je nach Beziehung, die Sie zur anteilnehmenden Person haben, die Ausführlichkeit der Informationen anpassen. Sie dürfen Ihre Wünsche über den Umgang mit Ihnen und der Krankheit durchaus äussern.

Hilfsangebote darf man auch ablehnen

Sie können etwa Ihrem Umfeld mitteilen, welche Art von Unterstützung am hilfreichsten wäre: Eher emotionale Unterstützung in Form von Trost, Mitgefühl und Motivierung oder praktische Unterstützung in Form von Begleitung zu Arztterminen oder Übernahme bestimmter Alltagsaufgaben. Sie können dies auch schriftlich umsetzen, etwa in Form eines (einmaligen oder regelmässig wiederkehrenden) Rundschreibens an Ihr Umfeld oder dem Einrichten eines Gruppenchats. Sie dürfen zudem Hilfsangebote oder Ratschläge zu weiteren schul- oder alternativmedizinischen Angeboten, die nach unserer Erfahrung häufige Themen im Austausch mit dem Umfeld sind, auch freundlich ablehnen, wenn diese für Sie nicht passend sind.

Kommunikation kann delegiert werden

Wenn Sie das häufige Wiederholen Ihrer Krankheitsgeschichte belastet, können Sie auch Ihren Partner oder eine andere Vertrauensperson bitten, die Kommunikation mit dem Umfeld zu übernehmen. Ein proaktives Handeln gibt Ihnen Kontrolle und Lenkungsmöglichkeiten an die Hand. Und es fördert Ihre Selbstbestimmung, statt dass Sie nur reagieren müssen.

Wenn Sie das Bedürfnis haben, mit einer neutralen, professionellen Person ausserhalb Ihres Umfeldes über Ihr Erleben zu sprechen oder weitere Anregungen zum Umgang mit Ihrem Umfeld wünschen, können Sie sich sowohl an die kantonalen Krebsligen wie auch an den psychoonkologischen Dienst des nächstgelegenen grösseren Spitals wenden.

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