Sein Herz schlägt mannigfaltig für das Herz
Prof. Dr. med. Peter Matt, Chefarzt Herzchirurgie (rechts), mit Dr. med. Stefan Toggweiler, Co-Chefarzt Kardiologie
Es kehrt nach seinem Engagement am Universitätsspital Zürich zurück. Ein bisschen ein Heimweg, sagt Prof. Dr. med. Peter Matt. Er habe zu vielen Personen hier den Kontakt nie verloren. Neben dem modernen und innovativen Umfeld des Herzzentrums am LUKS schätze er die persönliche Atmosphäre. Er freut sich auf seine neue Aufgabe und auf die persönliche Betreuung von Patientinnen und Patienten mit Herzerkrankungen.
Peter Matt, Ihr Herz schlägt mannigfaltig fürs Herz, etwa als Arzt oder Verfasser von Publikationen. War das schon immer so?
Das begann im Medizinstudium an der Universität Basel. Ich durfte dort bei einer Herzoperation zusehen. Das Herz wurde stillgelegt, eine Herzklappe ersetzt und dann das Herz wieder gestartet. Was für ein faszinierender Eingriff! Diese Operation führte übrigens Professor Stulz, der ehemalige Chefarzt für Herzchirurgie am LUKS, durch. Das Herz ist einfach faszinierend, das zentrale Organ des Menschen, ohne das er nicht leben kann. Es treibt an, verändert seinen Schlag je nach Situation und Emotion. Wenn man die Herztöne hört und bei Untersuchungen oder im Operationssaal sieht, wie es den Körper antreibt, wie man es bei einer Herzoperation stoppen und wieder anstellen kann, muss man begeistert sein. Viele Menschen haben ein krankes Herz oder etwa eine nicht funktionierende Herzklappe. Diesen helfen zu können, ist eine sehr dankbare Arbeit.
Welche Diagnose würden Sie dem Herzzentrum am LUKS geben?
Dem Herzzentrum geht es sehr gut. Wir profitieren von einem modernen, innovativen Umfeld mit allen Möglichkeiten. Gleichzeitig wird in einer persönlichen Atmosphäre auf hohem Niveau sehr gute Arbeit geleistet.
Am Herzzentrum in Luzern sind die Herzchirurgie und die Kardiologie vereint. Wie wichtig ist das?
Sehr wichtig. Herzchirurgen sowie Kardiologen haben den Auftrag, Patientinnen und Patienten mit Krankheiten am Herz und den grossen Gefässen optimal zu betreuen und zu behandeln. Kardiologen sehen die Patienten meist zuerst, stellen eine Diagnose und entscheiden dann, teils zusammen mit den Herzchirurgen, über die am besten geeignete Therapie. Für eine optimale Versorgung ist die gemeinsame Arbeit, oft Hand in Hand, sehr wichtig.
Ich kann nicht verschweigen, dass unsere Arbeit schwierig ist. Es gibt Einfacheres und Bequemeres. Aber letztlich ist es faszinierend, hochspannend und unglaublich bereichernd, wenn man schwerkranke Menschen behandeln und retten kann.
Prof. Dr. med. Peter Matt, Chefarzt Herzchirurgie
Sie haben als ausgewiesener Fachmann zahlreiche Ehrungen erhalten, viele Publikationen verfasst, operieren selber und leiten neu noch die Klinik. Wie geht das alles zusammen?
Man kann nicht alles selber machen, ich muss fokussieren. Wichtig ist das Team. Herzchirurgie ist ausgeprägte Teamarbeit, im Operationssaal sind neben dem Herzchirurgen und dessen Assistenten bis zu zehn Personen verschiedenster Disziplinen fürs Gelingen eines Eingriffs verantwortlich. Dies betrifft auch die Betreuung nach der Herzoperation auf der Intensivstation und der Normalstation – alle sind wichtig. Ähnliches gilt für die Forschung oder den Verband der Schweizer Herzchirurgen: Immer arbeiten mehrere Personen wie eine Mannschaft mit gemeinsamen Zielen zusammen.
Sie präsidieren die Schweizerische Gesellschaft für Herzchirurgie. Was ist Ihnen in dieser Funktion wichtig?
Es ist mir ein Anliegen, Kardiologen und Herzchirurgen enger zusammenzubringen. Wir haben vieles gemeinsam, insbesondere Patientinnen und Patienten mit denselben Leiden. Viele Therapien sind nicht allein durch Kardiologen oder Herzchirurgen zu leisten, oft sind beide Disziplinen nötig. Im Verband setze ich mich insbesondere für die hohe Qualität von Herzoperationen ein. Wir haben dieses Jahr mit einem schweizweiten Qualitätsregister für alle Herzoperationen gestartet. Zudem ist die Förderung des Nachwuchses in der Herzchirurgie ganz zentral für mich. Ich konnte bereits zwei neue Nachwuchs-Preise für junge Herzchirurgen organisieren und vergeben. Zudem gibt es ab diesem Jahr ein neues Curriculum zur Herzchirurgie-Ausbildung. Ganz wichtig ist, dass junge Ärzte schneller zu ihrem Facharzttitel kommen und auch die neuen, modernen Therapien geprüft werden.
Wie steht es um den Nachwuchs an Herzchirurgen?
Nachwuchs gäbe es, aber der Weg ist anspruchsvoll und langwierig. Hat man den Arzttitel mit gut 25 Jahren, sind weitere 8 bis 10 Jahre nötig bis zum Facharzt für Herzchirurgie. Wir prüfen im Verband Möglichkeiten, diese lange und anspruchsvolle Zeit zu kürzen. Aber es braucht auch Routine, damit der Herzchirurg sicher operieren kann. Jede Operation am Herzen birgt das Risiko, dass ein Patient stirbt. In über 98 Prozent der Fälle geht alles gut, aber ein Patient kann auch sterben. Ein Arzt muss lernen, mit dieser grossen Verantwortung umzugehen, Komplikationen rasch zu erkennen und darauf zu reagieren. Herzoperationen sind, weil standardisiert, sehr sicher, aber potenziell gefährlich. Damit umgehen zu können, setzt eine gewisse Reife voraus.
Sie sprachen vom Teamwork. Auch an Leuten aus verwandten Berufen wie Herzanästhesisten mangelt es. Wie würden sie Interessenten dafür motivieren?
Ich kann nicht verschweigen, dass unsere Arbeit schwierig ist. Bei einer Herzoperation arbeitet ein ganzes Team hochkonzentriert oft über 4 bis 6 Stunden. Dabei darf nichts schiefgehen. Das ist körperlich und geistig belastend. Es gibt Einfacheres und Bequemeres als einen solchen Beruf. Aber letztlich ist es faszinierend, hochspannend und unglaublich bereichernd, wenn man schwerkranke Menschen behandeln und retten kann.
In der Schweiz gibt es Überkapazitäten für Herzoperationen. Was heisst das für die Zentralschweiz?
Letztlich bedeuten Überkapazitäten, dass der einzelne Arzt allenfalls zu wenig Operationen ausweisen kann, was die Qualität gefährdet. Man darf aber Kapazitäten und Qualität nicht gleichsetzen, 1000 Operationen müssen nicht besser sein als 300. Es geht letztlich um die Qualität des Operateurs oder des Herzteams. Wichtig ist, Kapazitäten zu gewissen Behandlungen auch für einzelne Gesundheitsregionen anzuschauen. Dass Luzern und die Zentralschweiz mit einem Einzugsgebiet von über 700`000 Einwohnern ein Herzzentrum benötigen, gilt als unbestritten. Die Kardiologie am LUKS war beispielsweise 2019 jene Klinik mit den schweizweit zweitmeisten Katheter-Eingriffen an Herzkranzgefässen.
Wie sieht die Zukunft aus? Kommen künstliche Herzen?
Die gibt es bereits, werden aber selten eingesetzt, etwa wenn medikamentöse Therapien, invasive Herzeingriffe oder eine Herztransplantation nicht mehr möglich sind.
Vor 50 Jahren atmete die Welt auf, als Professor Christiaan Barnard in Südafrika die weltweit erste Herztransplantation vornahm. Gibt es neue solche Meilensteine der Medizin?
Eine Herztransplantation ist eine sehr faszinierende Operation. Ich konnte diese in Zürich auch durchführen. Meilensteine gibt es weiterhin. Vor wenigen Jahren noch musste man das Brustbein durchtrennen für eine Herzoperation und das Herz stoppen. Heute ist eine Stilllegung bei vielen Behandlungen dank minimal-invasivem Zugang nicht mehr nötig. Das kann vorab bei älteren Patienten oder solchen mit erhöhtem Operationsrisiko von Vorteil sein. Ich freue mich darauf, diese moderne, innovative Herzmedizin mit meinem Herzchirurgie-Team und den Kolleginnen und Kollegen der Klinik für Kardiologie am LUKS gemeinsam voranbringen zu können.
Zur Person
Prof. Dr. med. Peter Matt war von Oktober 2017 bis Mai 2020 als Co-Chefarzt und Chefarztstellvertreter in der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum des LUKS tätig, bevor er im Juni die Position des stellvertretenden Klinikdirektors der Herzchirurgie am Universitätsspital Zürich übernahm. Bereits während seiner Zeit am LUKS hat sich der ausgewiesene Spezialist für komplexe thorakale Aorteneingriffe sowie für die minimal-invasive Herzchirurgie stark für die fachliche Weiterentwicklung der Klinik für Herzchirurgie engagiert.
Prof. Dr. med. Peter Matt ist Titularprofessor für Herz- und thorakale Gefässchirurgie der Universität Basel und seit Juni 2020 auch Präsident der Schweizer Gesellschaft für Herzchirurgie (SGHC). Seine klinische und wissenschaftliche Ausbildung hat er am Universitätsspital Basel und an der Johns Hopkins University (USA) absolviert. Der Facharzttitel wurde ihm im Jahr 2009 verliehen, die Habilitation erhielt er an der Universität Basel 2011, seine Professur 2015. Er ist Autor und Co-Autor von mehr als 70 peer-reviewed Publikationen sowie Preisträger zahlreicher nationaler und internationaler Auszeichnungen. Am 1. März tritt er die Nachfolge des langjährigen Chefarztes Prof. Dr. med. Xavier Mueller an, der sich ausserhalb der Herzchirurgie medizinisch neu orientieren wird.
Herzzentrum: Zentrumsversorgung auf Spitzenniveau
Das Herzzentrum des LUKS, bestehend aus Kardiologie und Herzchirurgie, übernimmt für die ganze Region die ambulante und stationäre kardiologische und herzchirurgische Zentrumsversorgung auf Spitzenniveau. Dieses ergänzt das Angebot der umliegenden Kantonsspitäler Uri, Schwyz, Ob- und Nidwalden sowie Zug. Die Kardiologie gewährleistet dabei die Diagnose, Behandlung und enge Nachbetreuung. Die Herzchirurgie bietet das gesamte Spektrum der Routine- und Notfalloperationen des Herzens und der grossen herznahen Gefässe des Erwachsenenalters an – jeden Tag, rund um die Uhr – mit Ausnahme von Herztransplantationen.
Die Herzspezialisten des LUKS behandeln im Jahr rund 8000 Patienten, allein 4000 in den Katheterlabors. Mit diesem Erfahrungsschatz gehören sie zu den Spitzenreitern schweizweit. Heute können 80 Prozent der Patienten, die mit einem Herzinfarkt oder Herzanfall eintreten, innert 30 Minuten behandelt werden. Das LUKS kann damit ausgezeichnete Zeiten ausweisen und die 60-Minuten-Empfehlung der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie deutlich unterbieten.