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Was machen, wenn die Blase andauernd drückt?

Ich (w, 72) muss in letzter Zeit ständig aufs WC und kann aus diesem Grund – wenn überhaupt – nur noch kurz aus dem Haus. Das beeinträchtigt mich sehr. Woran liegt dieser Harndrang? Was kann ich tun? Unser Spezialist rät, auf jeden Fall zuerst der Ursache auf den Grund zu gehen. Allenfalls sind kleinere operative Eingriffe nötig. In jedem Fall helfe ein gezieltes Training des Beckenbodens.
27. April 2022
Lesezeit: 3 Minuten
Ivo Fähnle
Dr. med. Ivo Fähnle, Chefarzt Gynäkologie und Geburtshilfe, Luzerner Kantonsspital Sursee

Ein ständiger Druck auf der Blase und der ungewollte Verlust von Urin treten vor allem bei Frauen ab 50 Jahren häufig auf. Weil sich der Harn beim Husten, Niesen oder Anheben von Gegenständen in Tröpfchen oder in einem Strahl lösen kann, spricht man von «Belastungsinkontinenz».

Grund dafür ist, dass sowohl Muskulatur wie auch Bindegewebe im Beckenboden mit zunehmendem Alter schwächer werden. Die Harnröhre ist dadurch weniger gut in der Lage, «dicht zu halten». Beim Husten oder bei körperlicher Belastung kann daher der Druck auf die Blase so gross werden, dass der Schliessmuskel den Urin nicht mehr zurückhalten kann.

Oft kommt es zu Mischformen

Die «Dranginkontinenz» dagegen, die praktisch aus dem Nichts auftreten und auch junge Frauen und Männer betreffen kann, hat eine andere Ursache: Hier ist die Blase überaktiv oder überempfind­lich. Entweder meldet die Blase zu häufig einen sogenannten Harndrang oder die Blasenmuskulatur zieht sich zu stark zusammen, wodurch es zu Urinverlust kommt. Auslöser ist häufig die antrainierte Gewohnheit, zu oft und zu früh auf die Toilette zu gehen. Dadurch werden die Regelkreise, welche die Blasenfüllung kontrollieren, gestört. Selten lösen andere Erkrankungen wie z.B. neurologische Erkrankungen wie Multiple Sklerose, ein Schlaganfall oder ein Bandscheibenvorfall den übermässigen Harndrang aus.

Oft kommt es zu Mischformen von Belastungs- und Dranginkontinenz. Deshalb ist in jedem Fall eine genaue Diagnose erforderlich, um dann auch eine passende Behandlung anbieten zu können. Dazu dient unter anderem eine urodynamische Untersuchung, bei der die Blase über einen Katheter kontrolliert gefüllt und wieder entleert wird.

Beckenbodentraining unter Anleitung

Bei beiden Inkontinenzformen wird ein gezieltes Beckenbodentraining empfohlen, um die Muskulatur und die Wahrnehmung des Beckenbodens zu trainieren. Wichtig ist, dass man zu Beginn des Trainings, das man gut in den Alltag integrieren kann, von einer spezialisierten Physiotherapeutin angeleitet wird. Nach drei bis vier Monaten Training sollte der Effekt spürbar sein. Die überaktive Blase kann gut mit Medikamenten, die den Harndrang unterdrücken, behandelt werden. Auch das Spritzen des Nervengifts Botox in die Harnblasenwand ist eine bewährte Methode. Oft kann sich dadurch die überaktive Blase nachhaltig beruhigen.

 Bei einer ausgeprägten Belastungsinkontinenz, bei der die Physiotherapie keinen ausreichenden Effekt bringt, kann ein operativer Eingriff vorgenommen werden. Bei leichteren Formen der Belastungsinkontinenz kann es genügen, die Harnröhrenwand zu verstärken, indem ein Kunststoffgel eingespritzt wird. Bei der zweiten operativen Methode wird ein Band um die Harnröhre gelegt, um damit das Bindegewebe der Harnröhre zu verstärken. Der etwa 15-minütige Eingriff hat eine Erfolgsquote von über 90 Prozent. Vor einem Eingriff ist empfohlen, sich von der Gynäkologin oder dem Gynäkologen die verschiedenen Möglichkeiten mit ihren Vor- und Nachteilen erklären zu lassen.

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