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Weniger Antibiotika für Babys

Die Erkenntnisse einer internationalen Studie zur gezielteren Antibiotika-Behandlung von Neugeborenen bringen grossen Nutzen: Unsere Kinderärzte konnten die Therapiedauer verkürzen und den Verbrauch von Antibiotika verringern – bei gleichbleibender Sicherheit für die kleinsten Patienten.
16. Mai 2019
Lesezeit: 3 Minuten
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Die Verabreichung von Antibiotika hat Auswirkungen auf unser Leben. Sie kann das Mikrobiom verändern – die Gesamtheit unserer Mikroorganismen. Und sie kann zu lebensbedrohenden Antibiotika-Resistenzen führen. Je jünger die Patienten sind, desto grösser sind die möglichen Folgen: Veränderungen des Mikrobioms zu Beginn des Lebens haben einen negativen Einfluss auf das Immunsystem, das sich nach der Geburt an die neue Lebensumgebung anpassen muss. Dies führt möglicherweise zu chronischen Erkrankungen wie Allergien, Fettleibigkeit, Darmentzündungen und Zuckerkrankheit.

Sicherheit geht vor

Die Sicherheit der jüngsten Patienten hat aber erste Priorität. Denn bakterielle Infektionen können für Babys lebensbedrohlich sein. Die Mortalität aller Neugeborenen mit bewiesener Infektion in den ersten drei Lebenstagen betrug in der Schweiz 2011–2015 rund 18 Prozent. Bei Anzeichen für eine mögliche bakterielle Infektion, wie Fieber oder schnelles Atmen, werden deshalb frühzeitig Antibiotika verabreicht: In Europa und Nordamerika an bis zu sieben Prozent aller Neugeborenen; in der Schweiz sind es ca. drei Prozent.

Kürzere Therapien möglich

Eine bakterielle Infektion kann aber in der Schweiz nachträglich nur bei rund 0,3 Promille der Neugeborenen bewiesen werden. Ein grosser Anteil der «präventiv» erfolgten Antibiotika-Behandlungen von Babys wäre also gar nicht nötig. Doch wie kann Antibiotika gezielter und kürzer ein - gesetzt werden, ohne die Sicherheit der Neugeborenen zu gefährden? Zur Beantwortung dieser Frage hatten unsere Kinderärzte eine internationale Studie initiiert. Sie untersuchte die Chancen und Risiken eines neuen Verfahrens. Das Resultat: Die Dauer der Antibiotikatherapie kann mit der Bestimmung des Blutwerts Procalcitonin verkürzt werden.

Das LUKS passt seine Standards permanent den externen und den eigenen Erkenntnissen an. Mittels einer Studie unserer Kinderärzte konnte bei Babys der Verbrauch von Antibiotika verringert werden.

Weniger Antibiotika zum Start des Lebens

Die Erkenntnisse der Studie wurden in der renommierten medizinischen Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlicht. Sie sind ein weiterer Puzzlestein zur Verbesserung der Behandlungsqualität. Am LUKS setzen wir das Verfahren seit mehreren Jahren konsequent ein. Bei Babys mit Anzeichen für eine bakterielle Infektion bestimmen wir den Blutwert Procalcitonin alle 12 Stunden. Ist der Wert zweimal nacheinander negativ, beenden wir die Antibiotika-Behandlung. Unser Ziel ist es, dass eine Therapie, die sich im Nach - hinein als unnötig herausstellen sollte, maximal 24 bis 36 Stunden dauert.

Applikation unterstützt Kulturwandel

Das Wissen um die potenziellen negativen Auswirkungen von Antibiotika und die Erfahrungen mit dem neuen Verfahren führen zu einem Umdenken und Infragestellen der bisherigen Praktiken in der Fachwelt. Die neue Kultur unter dem Motto «Jede Dosis zählt» führte auf der Kinderintensivstation im LUKS zu einer signifikanten Reduktion des Antibiotikaverbrauchs. Ein wichtiges Hilfsmittel dafür ist die 2019 geplante Lancierung der «NeoPInS-Applikation». Mit ihrer Hilfe können Kinderärzte aufgrund von Risikofaktoren, Labordaten und Blutwerten den Antibiotika-Einsatz besser dosieren – so viel wie nötig und so wenig wie möglich.

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