Interdisziplinäre Therapie beim hepatozellulären Karzinom

Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) zählt zu den «primären» Lebertumoren, weil er im Gegensatz zu Lebermetastasen seinen Ursprung direkt in der Leber hat. Leberkrebs ist eine in der Schweiz eher häufige Erkrankung und tritt vermehrt nach dem 70. Lebensjahr auf. Pro Jahr erkranken in der Schweiz 820 Personen, davon 50 im Kanton Luzern. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen. Das HCC gehört zu den Krebsarten mit der schlechtesten Prognose. Ursache der Tumorerkrankung ist in den meisten Fällen eine Leberzirrhose, wie sie nach chronischem Alkoholmissbrauch oder eine Fettlebererkrankung infolge Adipositas und Typ 2 Diabetes vorkommt. Chronische Infektionen mit Hepatitis-B- oder Hepatitis-C-Viren, ebenfalls Auslöser von HCC, sind dank der neuen Behandlungen seltener geworden.
«Im Team entscheiden wir über die optimale personalisierte Tumortherapie.»
Bereits vorgeschädigte Leber
Am LUKS Luzern widmet sich ein 20-köpfiges Tumorboard aus den Fachbereichen Onkologie, Pathologie, Gastroenterologie, Chirurgie, Radiologie sowie weiteren Disziplinen zweimal pro Woche der Behandlung von HCC-Erkrankten. «Die Behandlung ist komplex, weil die Leber bereits vorgeschädigt ist», sagt Professor Andrea De Gottardi, Co-Chefarzt der Gastroenterologie und Hepatologie. Die bildgebende Diagnostik liefert entscheidende Hinweise, um die individuell passende Therapie zu bestimmen. MRT oder CT geben Auskunft über die Anzahl, Grösse und Lokalisation der Tumore. Auch die Infiltration der Umgebung, einschliesslich der Gallengänge und Gefässe fliesst in die therapeutische Entscheidungsfindung ein. Die Leberfunktion, beziehungsweise der Grad der Zirrhose werden über eine Biopsie und über Laborwerte bestimmt. Auch der generelle Gesundheitszustand der Betroffenen spielt eine Rolle.
Am LUKS entwickelter Algorithmus
In frühen Erkrankungsstadien ist eine kurative Behandlung möglich. Die Vorgehensweise für die individuell passende Therapie ergibt sich aus einem am LUKS entwickelten aus internationalen Guidelines abgeleiteten Algorithmus. Handelt es sich um einen einzelnen grösseren Tumor in Randlage, wird dieser chirurgisch entfernt. Liegt er zentral oder ist er kleiner, wird er durch eine minimal-invasive, bildgebend gesteuerte Methode behandelt, bei der Hitze über eine Nadel in den Tumor eingebracht wird (Tumorablation). Auch bei eingeschränkter Leberfunktion kann eine Ablation durchgeführt werden. Bei multiplen Tumoren unterschiedlicher Lage können Resektion und Ablation kombiniert werden. «Das ist teilweise im Rahmen eines einzigen Eingriffs möglich», sagt Professor De-Hua Chang, Leiter der Interventionellen Radiologie. Allenfalls kommt eine Lebertransplantation infrage. Sind die Verfahren erster Wahl nicht möglich oder nicht erfolgreich, erwägt man eine transarterielle Radio- oder Chemoembolisation. Dabei werden unter Durchleuchtung gezielt Medikamente oder radioaktive Partikel über einen Katheter direkt in den Tumor gebracht. Abschliessend können onkologisch zielgerichtete Therapien und Immuntherapien in Betracht gezogen werden.
«Wir kombinieren die jeweils passenden Verfahren miteinander.»
Offene oder minimalinvasive Chirurgie
«Die Prognose bei Resektion und Transplantation ist gut», sagt der Viszeralchirurg Professor Martin Bolli. Da die Leber die Fähigkeit zur Regeneration hat, können bis zu 75 Prozent des Organs entfernt werden, bei einer zirrhotischen Leber weniger. Sind die Läsionen gross, wurde bereits operiert, oder liegt eine Gefäss- oder Umgebungsinfiltration vor, erfolgt der chirurgische Eingriff meist in offener Technik. Falls möglich, wird jedoch minimalinvasiv und roboterassistiert operiert. Die Wunden heilen schneller, die Operierten haben weniger Schmerzen und erholen sich rascher. Auch das kosmetische Ergebnis ist besser.

Früherkennung durch Niedergelassene
Die Nachbehandlung übernehmen in der Regel die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte. «Uns ist bei allen Krebserkrankungen sehr wichtig, dass wir eng zusammenarbeiten», sagt Hepatologe Andrea De Gottardi. Regelmässige Kontrollen ermöglichen die frühzeitige Entdeckung von Rezidiven. Weil HCC häufig erst in fortgeschrittenen Stadien festgestellt wird, raten Experten dazu, Personen mit einer Leberzirrhose, mit chronischer Hepatitis-B-Infektion oder einer Fettleber in sechsmonatigem Abstand über Ultraschall und AFP-Laborwerte zu überwachen.
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