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«Kardiofit hat mir Spass gemacht – und ich fasste wieder Vertrauen»

Die ambulante kardiale Rehabilitation und kardiovaskuläre Prävention sind zu einem wesentlichen Bestandteil der kardiovaskulären Therapie geworden. Das Programm «Kardiofit» des Luzerner Kantonsspitals (LUKS) feiert sein zehnjähriges Bestehen. Dr. med. Urs Jeker, Leiter ambulante kardiale Rehabilitation, und die Kardiofit-Teilnehmerin Nicole Friedli geben Einblick.
22. November 2017
Lesezeit: 4 Minuten
NAB-K- geschnitten

10 Jahre Kardiofit

Von Dr. med. Urs Jeker, Leitender Arzt Kardiologie und Leiter ambulante kardiale Rehabilitation

Mit Kardiofit zurück in den Alltag

So wie im Verlauf der letzten Jahrzehnte die interventionelle Kardiologie einen festen Platz in der Behandlung der koronaren Erkrankung eingenommen hat, sind neben einer ausgewogenen medikamentösen Therapie auch Rehabilitations- und Präventionsmassnahmen nicht mehr von einer umfassenden kardiovaskulären Behandlung wegzudenken. Ob Herzinfarkt, akute Herzschwäche, Herzoperation oder Klappenintervention: Alle diese Ereignisse können persönliche Zäsuren im Lebensalltag bedeuten, die es zu überwinden und zu verarbeiten gilt. Je nachdem müssen Betroffene durch gesundheitliche Einschränkungen am Herzen auch ihre Lebensplanung anpassen und wieder Mut fassen. Das Rehabilitationsprogramm Kardiofit hilft, die physische und psychische Verfassung von Herzpatienten zu stärken, um den Schritt zurück in den Alltag zu erleichtern.

Individuell abgestimmtes Programm

Das Rehabilitationsprogramm beginnt nach der Akutbehandlung im Spital. Kardiofit gewährleistet im ambulanten Umfeld einen fliessenden Übergang vom Spital zurück in die gewohnte Umgebung. Dabei werden drei Hauptziele verfolgt: Erstens sollen die Betroffenen in ihr Herz und ihren Organismus wieder Vertrauen fassen. Das braucht Zeit sowie positive und aufbauende Erfahrungen. Zweitens soll – ob Bewegungsmuffel oder ambitionierter Sportler – von der aktuellen körperlichen Verfassung ausgehend der persönliche Fitnesszustand durch ein gezieltes Aufbautraining verbessert werden. Eine gute körperliche Verfassung ist mit einer günstigeren Prognose verbunden, wie dies auch für Erkrankungen ausserhalb des Herz-Kreislauf-Systems zutrifft. Ein drittes Ziel für die Betroffenen ist die Auseinandersetzung mit ihren Risikofaktoren. Dabei lernen die Patienten, wie sie ungünstige Randbedingungen selber positiv beeinflussen und so ihren Lebensstil anpassen können. Insbesondere in den Bereichen Ernährung, Raucherentwöhnung und auch bei psychischen Belastungssituationen stehen unterstützend spezielle Beratungsstellen zur Verfügung. Das Programm wird auf die persönlichen Bedürfnisse der Teilnehmenden abgestimmt. Ein Team, bestehend aus Spezialärzten und ausgebildeten Therapeuten, begleitet sie dabei.

Vielfältiges Training, informative Seminare

Nebst einem strukturierten Trainingsprogramm in Gruppen während vier Halbtagen pro Woche – in Form von Wassergymnastik, Kraft- und Ausdauertraining, Turngymnastik oder einer Aktivität im Freien – wird in der Regel die berufliche Tätigkeit in Teilzeit wieder aufgenommen. Ergänzend zu den körperlichen Aktivitäten erhalten die Teilnehmenden durch Vorträge auch Informationen darüber, was das Herz gesund hält. Diese Seminare sind allen Interessierten zugänglich und bilden eine optimale Plattform, um Fragen zu stellen. Oftmals werden die Herzpatienten auch von Angehörigen begleitet, was sehr zu begrüssen ist. Das Rehabilitationsprogramm dauert sechs bis zwölf Wochen. Die Kosten werden gemäss ambulanten Tarifen durch die Krankenkassen übernommen.

Engagiertes Kardiofit-Team

2016 feierte Kardiofit das 10-Jahre-Jubiläum. Ein engagiertes Team hat zum erfolgreichen Aufbau und zur Weiterentwicklung des multidisziplinären Programms beigetragen. Auch haben ärztliche Vertreter der beiden LUKS-Standorte Sursee und Wolhusen mitgewirkt. Wir danken allen Beteiligten für ihre Unterstützung und den enormen Einsatz.

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Nicole Friedli, Kardiofit-Teilnehmerin, im Training

«Am Anfang hatte ich Respekt.»

Interview mit Nicole Friedli, Kardiofit-Teilnehmerin

Wie sind Sie ins Kardiofit-Programm gelangt?
Nicole Friedli: Ich hatte vor 2½ Jahren einen Herzinfarkt erlitten. Das kam für mich damals völlig überraschend, denn ich rauchte nicht, ich trank nicht, habe mich gesund ernährt, war sportlich aktiv und nie übergewichtig – und zudem noch jung. Trotzdem ist es passiert. Ich kam auf die Notfallstation des LUKS und nach der Untersuchung im Herzkatheterlabor auf die Intensivstation. Als der Intima-Einriss eines Koronargefässes verheilt war, konnte ich mit der Rehabilitation beginnen und während sechs Wochen am Kardiofit-Programm teilnehmen.

Wie haben Sie den Einstieg erlebt?
Zuerst habe ich mich gefragt, was da wohl auf mich zukommt. Bald hat mir das Programm aber riesig Spass gemacht, vor allem die Vielseitigkeit: das Schwimmen, Laufen, Turnen und Krafttraining. Früher hatte ich Leichtathletik gemacht, doch mit Familie und Beruf ist das später zu kurz gekommen. Jetzt hatte ich wieder die Gelegenheit. Sogar das Schwimmen hat mir Freude bereitet, obwohl ich nie eine Wasserratte war.

Hatten Sie nach dem Infarkt keine Angst vor der körperlichen Belastung?
Am Anfang hatte ich schon Respekt. Der Einsteig in das Programm war intensiv. Mit der Zeit verschwanden die Bedenken aber. Ich konnte alles nach meinen Möglichkeiten und in meinem Tempo angehen. Nach und nach fasste ich Vertrauen und konnte meine Leistung wieder normal abrufen, denn nach der Verheilung des Einrisses hatte ich keinerlei Einschränkungen mehr. Heute kann ich Sport machen wie früher.

Was haben Sie von Kardiofit in den Alltag mitgenommen?
Das Ende des Programms und den Beginn des Alltags habe ich als abrupten Wechsel empfunden. Als Mutter von drei Söhnen und als Lehrerin mit einem 70-Prozent-Pensum konnte ich tagsüber an keinem Folgeprogramm teilnehmen. Gemeinsam mit meinem Mann versuchte ich, eine Sportgruppe zu gründen, um weiter trainieren zu können. Das hat so zwar nicht geklappt, doch habe ich ein Gspänli aus der Reha-Gruppe, mit dem ich regelmässig schwimmen gehe. Das bringt sehr viel, weil wir uns gegenseitig ziehen und motivieren, sodass wir weiterhin fit bleiben – was ja auch das Ziel von Kardiofit ist.

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