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Muskelkater: Ist es ratsam, trotzdem Sport zu treiben?

TCS News - Dr. med. Urs W. Müller, Co-Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter der Sportmedizin des Luzerner Kantonsspital, zum Thema Muskelkater.
16. Oktober 2019
Lesezeit: 4 Minuten
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Herr Müller, wie entsteht Muskelkater?

Muskelkater entsteht durch die Verletzung der Muskelfibrillen. Zeitlich nimmt der Schmerz während der ersten drei Tage zu und benötigt anschliessend wieder rund drei Tage um zu verschwinden. Diese Verletzung ist die leichteste und kleinste Schädigungsform, welche durch Bremsbelastungen in den betroffenen Muskeln entsteht. Das heisst: Laufen wir einen Berg ausschliesslich nach oben, so werden wir am nächsten Tag kraftlose und müde Beine haben – jedoch keine Schmerzen. Laufen wir den Berg auch nach unten, so werden wir aufgrund der Bremsbelastung Muskelkater haben. Das passiert, weil für eine Bremsbewegung (Verhinderung von Dehnung) rund acht bis zehn Prozent mehr Kraft entwickelt wird als unser Muskel bei einer hundertprozentigen Anspannung ohne Verkürzung leisten kann.

Gibt es verschiedene Formen von Muskelkater?

Nein, im Prinzip gibt es keine verschiedenen Formen. Man unterscheidet ausschliesslich die verschiedenen Verletzungsformen am Muskel. Sollten die Schmerzen nach circa fünf bis sieben Tagen nicht abgenommen haben, so geht man davon aus, dass ein grösseres Areal des Muskels und nicht nur die Fibrillen beschädigt wurden. Eine exakte Diagnose ist jedoch in den häufigsten Fällen schwer zu machen. Oft kann erst im Nachhinein, anhand der Genesungsdauer, das wahrscheinlichste Ausmass der Verletzung genannt werden.

Stimmt es, dass die Überproduktion von Milchsäure ein Auslöser für die Schmerzen sein kann?

Nein. Den anhaltenden Schmerz im Muskel kann man nicht auf die Überproduktion von Milchsäure zurückführen. Sollte ein Überschuss an Milchsäure vorhanden sein, so wäre der Schmerz akut bei der Belastung und würde danach wieder verschwinden. Dies passiert bei einer sogenannten anaerob-laktazid Energiebereitstellung (ohne Sauerstoff mit Milchsäurebildung). Energie, welche für eine Leistung benötigte wird, steht dabei schnell zur Verfügung. Es entsteht aber nur eine geringe Energieausbeute, da das Zuckermolekül nicht vollständig zerlegt wird und es entsteht Milchsäure (Laktat). Die vergleichsweise hohe Intensität der Leistung, beispielsweise bei Sprints im 400 und 800 Meter Bereich, kann aber wegen der schlechten Energieeffizienz nicht sehr lange durchgehalten werden und bringt eine schnelle Ermüdung mit sich.

Ist es ratsam, trotz Muskelkater Sport zu treiben?

Ja, bei Muskelkater ist es durchaus ratsam Sport zu treiben, da der Muskel, nebst der Leber, das zweit grösste Regenerationspotential des Körpers besitzt. Die aktive Regeneration (beispielsweise spazieren gehen) sowie die ausreichende Wasserzufuhr helfen die Schmerzbelastung zu mindern. Zusätzlich ist es wichtig, dass die Beweglichkeit in Schwung gehalten wird. Ist dies nicht der Fall, können sich die Läsionen vernarben und es kann zu einer Verkürzung des Muskels kommen. Nach der Bewegung sollte ein Augenmerk darauf gelegt werden, den Muskeltonus durch Dehnen zu senken.

Wie bekämpft man die Symptome am wirksamsten?

Die Symptome kann man lediglich mit Schmerzmitteln bekämpfen. Da es sich bei der Heilung um einen biologischen Prozess handelt, kann man den Muskelkater zwar verlangsamen aber nicht beschleunigen. Und darin liegt auch die Kontroverse beim Einsatz von Schmerzmitteln. Denn Schmerzmittel sind auch entzündungshemmend und damit nicht ideal, wenn biologische Heilungsvorgänge ablaufen. Es gibt allerdings Tipps, wie die Intensität der Symptome möglichst gering gehalten werden kann. Wichtig ist, dass der Energiehaushalt wieder in Balance gebracht wird. Dazu gehört, dass der Körper sich von den Stoffwechselabfallprodukten «reinigt». Dies geschieht mit Energie- und ausreichender Flüssigkeitszufuhr inklusive Salzen. Zusätzlich kann durch die aktive Regeneration in Kombination mit einer leichten Massage oder einem Bad eine Linderung begünstigt werden.

Kirschsaft gegen Muskelkater – wie gut helfen solche Hausmittel?

Es muss nicht zwingend Kirschsaft sein. Worauf es bei einem frischen Fruchtsaft ankommt, sind die vielen Vitamine, Antioxidantien, der Fruchtzucker und der Glukosegehalt. Jeder sollte das zu sich nehmen, was ihm schmeckt. Am besten ist es aber immer noch, wenn genügend Wasser konsumiert wird.

Was raten Sie den Betroffenen bei Muskelkater?

Am besten versucht man die Schmerzen durch aktive Regeneration mit anschliessendem sanften Stretching in den Griff zu bekommen. Um ein möglichst gutes Ergebnis zu erlangen, sollte unterstützend genug getrunken und auf eine ausgewogene Ernährung geachtet werden. Sind die Schmerzen auch nach zwei bis drei Wochen nicht verschwunden, kann es sich nicht mehr um einen gewöhnlichen Muskelkater handeln und der Betroffene sollte einen Arzt aufsuchen.

Quelle: TCS News

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