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Neues Medikament erhöht Hoffnung bei seltener Krankheit HAE

Eine Krankheit gilt als selten, wenn weniger als 5 von 10’000 Menschen davon betroffen sind. Meist sind sie noch viel seltener. Das Luzerner Kantonsspital (LUKS) wurde dieses Jahr von der Nationalen Koordination Seltene Krankheiten (kosek) als entsprechendes Zentrum anerkannt. Aber was ist eine seltene Krankheit? Wir geben hier einer solchen genetischen Form ein Gesicht: HAE.
19. Oktober 2021
Lesezeit: 3 Minuten
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HAE steht für «Hereditäres Angioödem» – eine seltene genetische Erkrankung, die vorwiegend in der Familie weitervererbt wird. In der Schweiz sind zirka 150 Personen davon betroffen. Diese erleben oft bis zur richtigen Diagnose einen langen Leidensweg. Beim HAE treten Schwellungen auf, die meist schmerzhaft und teils entstellend sind. Betroffen sind häufig die Haut oder die Schleimhäute, insbesondere im Lippenbereich, an den Extremitäten oder Genitalien. Schwellungen im Magen-Darm-Trakt können zu schweren Krämpfen und Durchfällen führen. Im Halsbereich kann eine Schwellung gar lebensgefährlich sein.

Ein Merkmal von seltenen Erkrankungen ist auch, dass sich aufgrund der tiefen Fallzahlen nur sehr wenige Experten mit der Behandlung beschäftigen. Im Fall von HAE betreut die Abteilung Hämatologie am Luzerner Kantonsspital unter der Leitung von Prof. Dr. med. Dr. phil. Walter A. Wuillemin Betroffene seit über 20 Jahren. So konnte eine langjährige und umfassende Erfahrung für alle Aspekte der Erkrankung wie Diagnose, Therapie, Vorbeugung von Attacken und allgemeine Betreuung aufgebaut werden. Die Fach-Ärztinnen und -Ärzte betreiben einen 24-Stunden-Dienst an 7 Tagen pro Woche.

Medizinische Kompetenz dank Austausch mit Betroffenen

Verursacht wird die Krankheit durch den Mangel an einem Blut-Eiweiss, dem C1-Inhibitor, einem Hemmer, bei dessen Fehlen es zu einer starken Aktivierung der Blutplasma-Systeme kommt. Aufgrund der Unvorhersehbarkeit von Häufigkeit und Schwere der Attacken ist die Lebensqualität der Betroffenen häufig stark eingeschränkt. Fehlende Informationen, ungenaue Diagnosen und nebenwirkungsreiche Therapien tragen zusätzlich zur Verunsicherung der HAE-Patientinnen und -Patienten bei.

Um diesem Informationsdefizit zu vermindern wurde die Patientenvereinigung HAE ins Leben gerufen, die in diesem Jahr bereits ihr 20-jähriges Jubiläum feiern durfte. Die Abteilung Hämatologie unter Prof. Dr. med. Dr. phil. Walter A. Wuillemin betont, dass nur dank dem intensiven Austausch mit den Patienten die medizinische Kompetenz bei der Betreuung von HAE-Patienten über die Jahre aufgebaut werden konnte.

Therapie soll gute Lebensqualität ermöglichen

Ein zentrales Therapieziel bei HAE ist das Verhindern von akuten Schüben und damit das Erreichen einer guten Lebensqualität mit möglichst wenig Einschränkungen und Nebenwirkungen. Ein weiteres wichtiges Ziel ist das frühzeitige Erkennen und Behandeln der gefährlichen Schwellungen im Kehlkopfbereich. Die Behandlung muss individuell und der Krankheitsaktivität angepasst erfolgen, was regelmässige Kontrollen unter Mitarbeit des Patienten nötig macht. Selbstverständlich müssen bekannte Auslöser von Attacken nach Möglichkeit gemieden werden. Die HAE-Therapie lässt sich in drei Kategorien einteilen: Langfristiges Verhüten von Anfällen, das kurzfristige Vorbeugen von Anfällen in Risikosituationen und die Behandlung des akuten Anfalles.

Vielversprechende Ergebnisse mit neuem Medikament

Je nach Kategorie können unterschiedliche Medikamente eingesetzt werden. HAE-Betroffene ab 12 Jahren können grundsätzlich mit dem neuen Medikament Takhzyro behandelt werden, um Attacken vorzubeugen. Damit sollten keine oder nur noch wenige Attacken auftreten. Das Medikament wurde bei HAE-Betroffenen mit einem schweren Verlauf mit mindestens 1 bis 2 relevanten HAE-Attacken pro Monat getestet. Seit dessen Einführung in der Schweiz sind gegen 20 Betroffene auf dieses neue Medikament umgestellt worden. «Soweit ich das überblicke, erreichte man damit eine spektakuläre Besserung mit keinen oder nur noch ganz vereinzelten Attacken», sagt Dr. med. Walter Wuillemin. Dies bestätigt auch die HAE-Betroffenen Helene Saam: «Ich fühle mich wie neu geboren. Die ständige Angst, dass eine Attacke kommt, ist endlich wieder weg. Meine Lebensqualität ist durch dieses Medikament von einem Tag auf den anderen wesentlich verbessert worden.» Zur Behandlung einer akuten Attacke kann/muss jedoch weiterhin C1-Inhibitor oder Firazyr eingesetzt werden.

Helene Saam auf Bike
HAE-Betroffenen Helene Saam: «Ich fühle mich wie neu geboren

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