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Musik unterstützt die Parkinson-Therapie

Zeitlupe -Bei der Behandlung von Parkinson stehen verschiedene Medikamente im Mittelpunkt, um die vielfältigen Symptome zu lindern. Begleitende Massnahmen wie Physio- und Ergotherapie oder gezielte Bewegung zu Musik helfen zusätzlich.
1. März 2016
Lesezeit: 5 Minuten
Newsroom

Das Zittern im Ruhezustand (Tremor) fällt meistens zuerst auf. Es stellt bei etwa drei Viertel aller an Parkinson erkrankten Menschen eines der motorischen Hauptsymptome der neurodegenerativen Krankheit dar und ist die Folge davon, dass im Gehirn Dopamin produzierende Nervenzellen absterben. Andere motorische Anzeichen der Krankheit sind verlangsamte oder anfänglich blockierte Bewegungsabläufe (Bradykinese), eine versteifte Muskulatur (Rigor) und ein erschwerter aufrechter Gang sowie Gleichgewichtsprobleme (posturale Instabilität).


Wann und wie stark sich die motorischen Probleme bemerkbar machen, ist sehr unterschiedlich. Ein ansehnlicher Teil der Parkinson-Patientinnen und -Patienten weist zum Beispiel kein Zittern auf. Sind die Symptome aber da und eindeutig Morbus Parkinson zuzuordnen, ist bereits über die Hälfte der Nervenzellen abgestorben und der Neurotransmitter Dopamin wird noch wenig gebildet. Die Medizin geht deshalb davon aus, dass der Krankheitsprozess schon Jahre vor Auftreten der ersten motorischen Symptome beginnt und langsam fortschreitet.


beginnt und langsam fortschreitet. «Warum die Dopamin produzierenden Neuronen zugrunde gehen, ist noch immer nicht klar», sagt Stephan Bohlhalter, Chefarzt des Zentrums für Neurologie und Neurorehabilitation am Luzerner Kantonsspital. «Es gibt zwar wirksame Medikamente gegen die Symptome, aber leider keine vorbeugende oder wiederherstellende Behandlung. Neuere Forschungsarbeiten haben gezeigt, dass sich im Gehirn verstorbener Parkinson-Betroffener bestimmte Eiweisse vermehrt ablagern. Die Wissenschaft geht davon aus, dass es aufgrund genetischer Veränderungen zu einer Fehlfaltung von Eiweissen kommt, die dann verklumpen. Möglicherweise werden diese Erkenntnisse in Zukunft zu neuen Therapieformen wie zum Beispiel Impfstoffen führen.»
Neben den sichtbaren motorischen Störungen ist die parkinsonsche Krankheit auch mit einer ganzen Reihe nicht motorischer Symptome verbunden, zum Beispiel Schluck- und Sprechstörungen, Verdauungs- oder Blasenprobleme, verminderter Geruchssinn, Schlafstörungen, Blutdruckschwankungen, Schmerzen, Ängste, Depressionen. Sie belasten die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten massiv und erfordern unterschiedliche Behandlungsansätze. Menschen mit Parkinson werden idealerweise nicht nur von einer medizinischen Fachperson betreut, sondern von einem ganzen interdisziplinären Team wie etwa im Luzerner Kantonsspital.

Die verschiedenen Therapien

Bei der Therapie geht es darum, die verschiedenen motorischen und nicht motorischen Symptome zu lindern, um die Selbstständigkeit der Betroffenen zu bewahren und ihre Lebensqualität so hoch wie möglich zu halten. Die Hauptsymptome Tremor, Bradykinese, Rigor und Instabilität werden vor allem medikamentös mit Tabletten behandelt. Auch gegen die nicht motorischen Symptome helfen bis zu einem gewissen Grad Arzneien. Neurologe Bohlhalter: «Neuropsychiatrische Störungen wie Depressionen oder Ängste können mit Psychopharmaka angegangen werden, gegen die vegetativen wie Verstopfung oder Blasenprobleme helfen gängige Blasen- oder Verdauungsmittel.»


Der abnehmende Dopamin-Spiegel lässt sich teilweise ausgleichen. Mittel der Wahl ist L-Dopa, eine biochemische Vorstufe des Dopamins, die in den Gehirnzellen in natürliches Dopamin umgewandelt wird. Sie wird mit einem zweiten Wirkstoff kombiniert, einem sogenannten Decarboxylasehemmer (Carbidopa). «Diese seit Jahren bewährten und gut verträglichen Medikamente haben den Nachteil, dass es mit der Zeit zu Wirkungsschwankungen kommt, indem die Wirkung vor der nächsten Einnahme nachlässt», sagt Stephan Bohlhalter. «Wie ausgeprägt diese Wirkungsschwankungen sind, hängt vom Krankheitsstadium ab. Also nicht davon, wie lange behandelt wurde, sondern davon, wie lange die Krankheit schon besteht», fügt er hinzu.


Als relativ neues Medikament wird Duodopa eingesetzt, ein Gel mit L-Dopa und Carbidopa. Es gehört aber zu den invasiven Therapien, die mit einem chirurgischen Eingriff verbunden sind und erst bei ungenügender Wirkung der Tabletten zum Einsatz kommen. Duodopa wird nicht oral verabreicht, sondern gelangt mittels einer elektronischen Pumpe über eine sogenannte PEG-Sonde direkt in den Dünndarm.


Im Gegensatz zur  Tiefen Hirnstimulation THS ist dieses Verfahren auch für fortgeschrittene Patientinnen und Patienten mit Gleichgewichts- und Gedächtnisstörungen geeignet. Bei der THS werden auf beiden Seiten des Gehirns Elektroden platziert, die über Kabel unter der Haut mit einem oder zwei Stimulatoren im Schlüsselbeinbereich verbunden sind. Die Stimulatoren erzeugen einen schwachen Reizstrom, der auf die krankhaft veränderte Aktivität der Nervenzellen wirkt.


Der beste Zeitpunkt für den Behandlungsbeginn ist, wenn die Symptome störend werden. Die Behandlung sollte nicht unnötig hinausgezögert werden, weil Parkinson in den ersten zwei bis fünf Jahren am besten behandelbar sei, sagt Stephan Bohlhalter. Unabhängig vom Stadium der Krankheit, kommt begleitenden Therapien während des ganzen Verlaufs von Morbus Parkinson eine grosse Bedeutung zu: Ergo- und Physiotherapie, Sprach- und Atemtherapie sowie Psychotherapie.


Insbesondere Bewegungstrainings wie Rhythmik und Tanz würden das Befinden der Patienten sehr positiv verbessern, sind die Fachleute im Parkinsonzentrum Luzern überzeugt. «Bei Parkinson geht die Selbstverständlichkeit der Bewegungen allmählich verloren. Die Betroffenen können alltägliche Bewegungsabläufe, wie etwa von einem Stuhl aufzustehen und den Teekrug vom Tisch zu holen, nicht mehr automatisch ausführen. Sie müssen dafür ihre ganze Aufmerksamkeit aufwenden. Das ist sehr ermüdend», erklärt Stephan Bohlhalter. Trotzdem sollten sich diese Patientinnen und Patienten regelmässig bewegen, nicht zuletzt deshalb, weil durch die Immobilität HerzKreislauf-Erkrankungen drohen.


Anlässlich der letztjährigen ParkinsonTagung in Luzern standen daher musikbasierte Therapien im Mittelpunkt. Das Fazit der Referate: Sich zur Musik zu bewegen, fällt vielen Menschen leichter, weil die Musik verschiedene Bereiche im Gehirn aktiviert, darunter das emotionale Empfinden. Darüber hinaus wird durch die vertiefte Atmung beim Tanzen der ganze Körper besser durchblutet, eine «gute» Müdigkeit stellt sich ein, und die Patienten bekommen Appetit, der ihnen sonst oft fehlt. Auch die Verdauung wird durch die Bewegung angeregt. 

Musik kann viel erleichtern

Parkinson-Betroffene profitieren hinsichtlich Verlangsamung, Gleichgewicht und motorischer Blockaden (Freezing) von musikgestützter Therapie. Ist die Musik rhythmisch genug, wirkt sie wie ein Taktgeber. In Studien verminderten sich bei Parkinson-Patienten, die via Kopfhörer den Takt eines Metronoms wahrnahmen, die Gangstörungen. Und regelmässig beruhigende Musik zu hören, vermochte die Stimmung zu heben und Ängste zu reduzieren. Gute Resultate für Mobilität und Gleichgewicht seien bei Parkinson-Betroffenen mit Tango oder irischem Stepptanz erreicht worden. Stephan Bohlhalter: «Tango ist nicht einfach, kann jedoch auch von Parkinson-Patienten gelernt werden. Tanz fördert allgemein die Lebensqualität und soziale Kontakte.»

Autorin: Marina Novak
Quelle: Zeitlupe vom 01.03.2016

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