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Molekulare Genetik als Basis für erfolgreichere Therapien

Clinicum - Diagnose dank DNA-Analyse, zukunftsweisende Therapiemöglichkeiten dank Genom-Editierung, Prävention dank Epigenetik: Die Forschung am Erbgut eröffnet nie dagewesene Möglichkeiten, welche die Medizin von morgen prägen. Das stellt betroffene Akteure vor laufend neue Fragen, für die es Lösungen braucht. Im Vorfeld der TGL trafen wir einen Experten, Prof.Dr.med. Joachim Diebold, Chefarzt Pathologie und Departementsleiter Institute am Luzerner Kantonsspital (LUKS).
18. Oktober 2018
Lesezeit: 5 Minuten
Joachim Diebold Pathologie Luzern

Prof. Dr. med. Joachim Diebold, Chefarzt Pathologie und Departementsleiter Institute

Die Trendtage Gesundheit 2019 widmen sich der Genetik und beleuchten Chancen und Herausforderungen der Humangenetik in der Medizin. Das zukunftsträchtige Forschungsgebiet hat sich stark entwickelt und an Bedeutung gewonnen. Neues Wissen wird immer komplexer und schneller verfügbar. Neue Finanzierungsmodelle sind gefragt, ethische Fragen müssen geklärt werden. Politische und gesellschaftliche Aspekte erhalten eine neue Dimension. Wohin geht die Reise und welche Fragen müssen wir heute schon beantworten können?

Ein Riesenthema

«Genetik ist effektiv ein Riesenthema», hält Prof. Joachim Diebold fest und kommt auf die Ursprünge der Genetik zu sprechen. Allgemein bedeutet das Stichwort für den Laien ein Fach, in dem sich Experten mit Erbkrankheiten beschäftigen. Sie untersuchen familiäre Häufungen und malen erst einmal Stammbäume auf, um darin festzuhalten, wo welche Erkrankung gehäuft aufgetreten ist. «In dieser klassischen Genetik wurde schnell erkannt, dass das Problem auf der DNS-Ebene besteht. Weiter fanden technische und methodologische Entwicklungen statt, die zu einer immer genaueren Analyse der Chromosomen führten.»

«Eine fundamentale Verbesserung trat ein, seit Methoden vorhanden sind, DNS im grossen Stil und mit hoher Präzision zu analysieren», erläutert Prof. Diebold. «Daraus entstand vor rund 20 Jahren das humane Genom-Projekt. Es führte dazu, dass zum ersten Mal die DNS von Menschen komplett sequenziert werden konnte. Dafür sorgten sog. Sequenzierungsmaschinen, mit denen damals Räume von Fabrikhallengrösse gefüllt wurden. Ebenso aufwändig gestalteten sich die Auswertungen, die Monate dauern konnten.»

Rasche technische Entwicklung

Die technische Entwicklung schritt rasant voran. Heute sind kleine, leistungsstarke Geräte vorhanden, die dank ihrer Miniaturisierung den Analyseprozess revolutioniert haben. DNS- Auswertungen können mittlerweile mit relativ geringem Aufwand erstellt werden. In kurzer Zeit werden grosse Mengen von Genen in Körperzellen untersucht. Der Preis dafür bewegt sich pro Analyse zwischen 1000 und weniger als 4000 Franken. Prof. Diebold: «Dieser Fortschritt hat uns ganz neue Perspektiven geöffnet.»

Molekulare Genetik

Aktuell wird daher von molekularer Genetik gesprochen, «welche Anwendungen betrifft, die über die ursprüngliche klassische Genetik weit hinausgehen. Heute geht es nicht mehr in erster Linie um Familienuntersuchungen, sondern um die beste Betreuung von Normalpatienten, denen wir mit modernsten Methoden helfen wollen. Am meisten profitieren Krebspatienten. So betreffen denn auch die häufigsten Untersuchungen bei uns im LUKS wie in allen andern grossen Spitälern genetische Analysen an Krebszellen.

Krebs ist in den allermeisten Fällen keine Erbkrankheit, sondern wird durch unglückliche Zufälle ausgelöst. Entscheidend ist nun, dass man weiss, was in den Zellen passiert, welche Veränderungen auf der Ebene der DNS ablaufen. Mittlerweile kennen wir eine grosse Zahl dieser Veränderungen. Es sind Mutationen, die wir mit modernsten Geräten aufspüren. So sprechen wir auch von molekularer Diagnostik. Bestimmte Mutationen in bekannten Krebsarten zu kennen, ist enorm wichtig, weil es Medikamente gibt, auf die die betroffenen Patienten ansprechen.»

Prof. Dr. med. Joachim Diebold, Chefarzt Pathologie und Departementsleiter Institute am Luzerner Kantonsspital, ist mit seinem Team in verschiedenen Bereichen stark gefragt, so etwa bei Tumorboards.
Prof. Dr. med. Joachim Diebold, Chefarzt Pathologie und Departementsleiter Institute am Luzerner Kantonsspital, ist mit seinem Team in verschiedenen Bereichen stark gefragt, so etwa bei Tumorboards.

Exakte Medikation für erfolgreichere Therapien

Prof. Diebold bezeichnet die Entwicklung dieser Analysen während der jüngsten zehn bis 15 Jahre als bedeutungsvoll. «Gleichzeitig hat auch eine enorme Auffächerung in der Onkologie stattgefunden. Gab es früher bloss drei Gruppen von Lungenkrebs und verlief die Krankheit in rund 90% der Fälle in relativ kurzer Zeit tödlich, werden heute ganz viele Untergruppen entsprechend der vorhandenen Mutationen unterschieden. Standard ist, dass bei jedem Patienten, der nicht operiert werden kann, nach Mutationen gesucht wird. Besonders relevant sind dabei rund zehn hauptsächliche Veränderungen, auf welche die Medikation exakt ausgerichtet wird. Wir erzielen damit drastisch erhöhte Überlebenszeiten.» Unser Interviewpartner arbeitet im LUKS als Pathologe eng mit der medizinischen Onkologie zusammen. Seit 2010 wurden diverse Forschungsprojekte realisiert und die Ergebnisse in international anerkannten Fachzeitschriften publiziert. Federführend sind in den meisten Fällen Professor Joachim Diebold und Prof. Dr. med. Oliver Gautschi, Co-Chefarzt Medizinische Onkologie am LUKS.

Umfangreiche Auswertungen

Die Spezialisten im LUKS interessierte insbesondere, welche Lungenkrebs-Patienten in der Zentralschweiz, dem eigentlichen Einzugsgebiet des Zentrumspitals, von den durchgeführten Therapien profitieren. Prof. Diebold ist auch Chef des Zentralschweizer Krebsregisters. Hier wird exakt aufgezeichnet, welche Patienten betroffen sind, welche wie lange überleben oder sterben. Die grosse Datenmenge wurde nun mit den erfassten Daten der DNS-Analysen im LUKS verglichen. «Wir konnten dabei konkret zeigen, dass mit gezielten Therapien die Überlebenszeit massgeblich gesteigert werden kann. Solcherart signifikante Vergleiche werden sonst nur in grossen Zentren der Spitzenmedizin angestellt. Für uns im LUKS ist die enge Zusammenarbeit von Medizinischer Onkologie und Molekularer Pathologie somit eine echte Erfolgsstory.»

Grosse Motivation für die Zukunft

Das bedeute gleichzeitig eine grosse Motivation für die künftige Analyse- wie Forschungstätigkeit. Prof. Diebold: «Unseren Fokus legen wir klar auf die moderne molekulare Genetik und auf Krankheitsbilder, die bei uns häufig vorkommen: Brust-, Haut-, Dickdarm- und Lungenkrebs. Wir setzen alles daran, für eine breite Bevölkerung viel zu erreichen. Die Trendtage Gesundheit Luzern stellen dabei für uns einen wichtigen Anlass dar, an dem wir gerne über unsere tägliche Arbeit sprechen. Das wird am ersten Kongresstag sein, dem 27. März. Wir freuen uns sehr darauf!»

Wir helfen mit, dass Ärztinnen und Ärzte tagtäglich die richtigen Entscheidungen treffen

So fasst Prof. Dr. med. Joachim Diebold, Chefarzt Pathologie und Departementsleiter Institute, die Tätigkeiten seines Teams zusammen. Es findet Patientensicherheit auf höchstem Niveau statt.

Die Pathologie am LUKS ist eines der führenden Pathologie-Institute der Schweiz. Das Institut bietet das gesamte diagnostische Spektrum der Histologie, Zytologie, Molekularpathologie und Autopsie. Die Dienstleistungen sind akkreditiert und dank lückenlosem Barcode-Tracking qualitätsgesichert.

Angeboten werden Diagnostik und Forschung für in- und externe Partner

Die Befunde sind für Fachärzte, Spital- und Hausärzte entscheidend, damit sie für ihre Patienten die richtige Behandlung wählen können. Das Institut ist stolz, dass mit seiner Forschung auch international dazu beigetragen wird, Krankheiten zu heilen.

Durch akkreditierte und optimierte Arbeitsabläufe werden die Untersuchungsaufträge auf universitärem Niveau schnellstmöglich bearbeitet. Die Spezialisten des LUKS sind für die Auftraggeber und Ärzte jederzeit persönlich erreichbar, um Resultate zu diskutieren und den optimalen Therapieansatz für die Patienten zu finden. Dank reicher Erfahrung und interner Fallbesprechungen liefern die Experten immer wieder entscheidende Impulse für die Behandlung der Patienten.

Quelle: Clinicum vom 18.10.2018

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