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«Wir bringen Forschung schnell zu den Patienten»

Prof. Dr. med. Gabriela Studer, Chefärztin Radio-Onkologie, und ihr Team setzen ein neues Behandlungskonzept zur Tumorbestrahlung ein. Internationale Studien haben gezeigt, dass die Therapie wirkt und zudem weniger Nebenwirkungen verursacht.
27. April 2021
Lesezeit: 3 Minuten
Studer Gabriela Gespräch Tumorzentrum Radio-Onkologie

Bei der klassischen Brustkrebsbehandlung folgt auf die Operation häufig eine Bestrahlung, die sich bis zu acht Wochen hinzieht. Mit Ihrer Methode ist die Behandlung schon nach einer Woche beendet. Was genau machen Sie anders?

Prof. Gabriela Studer: Wir geben pro Sitzung deutlich höhere Dosen, sodass insgesamt weniger Sitzungen erforderlich sind. Häufig reichen fünf Behandlungen aus. In der Fachsprache heisst das Vorgehen Hypofraktionierung.

Ein Vorteil ist, dass die Bestrahlung schnell vorbei ist. Was spricht sonst noch dafür?

Verschiedene Studien zeigen, dass hypofraktionierte Bestrahlungen besser vertragen werden als die mit gängigen Dosen. Zu unserer Überraschung sehen wir deutlich weniger frühe Nebenwirkungen. Bei Brustkrebspatientinnen zum Beispiel treten höchstens leichte Hautrötungen auf, offene Stellen haben wir gar nicht mehr gesehen.

Und die Bestrahlung ist genauso erfolgreich wie die konventionelle Methode?

Ja, die Hypofraktionierung ist mindestens genauso effizient. Das wurde in zahlreichen internationalen Studien mit sehr vielen Patientinnen und Patienten belegt. Für uns sind solche Studien die Berechtigung, neue Konzepte in der Behandlung einzusetzen. Gut belegte, neue Erkenntnisse aus der Forschung möchten wir möglichst schnell zu den Patientinnen und Patienten zu bringen.

Sie selbst sprechen von einem «Epochenwandel » in der Strahlentherapie. Was hat diesen Wandel möglich gemacht?

Solche Wendepunkte haben immer mehrere Ursachen und sind häufig eine Kombination vieler Fortschritte über einen langen Zeitraum. Digitalisierung und Bildgebung spielen eine Rolle, aber auch unser viel breiteres Wissen über strahlenund tumorbiologische Fragen. Auch die Maschinentechnologie hat sich weiterentwickelt. Die Bestrahlungsgeräte, die wir heute verwenden, sind mit den Geräten von vor 30 Jahren nicht mehr vergleichbar. Das ist eine andere Welt.

Was genau ist anders?

Früher hat man Tumore mit hohen Dosen grossflächig bestrahlen müssen. Dabei hat man viel umgebendes gesundes Gewebe mitbestrahlt, was zu erheblichen Nebenwirkungen geführt hat. Heute können wir eine hohe Strahlendosis genau an die Tumorform anpassen. Dadurch können wir den Tumor mit einer höheren Dosis bestrahlen, während das normale Gewebe weniger Strahlung abbekommt. Die Behandlung wird dadurch effektiver und schonender.

Können Sie erklären, was genau bei der Bestrahlung passiert?

Die Energie der Strahlung trifft auf Gewebe, genauer auf Zellen mit deren Erbsubstanz (DNA). Die Zellen werden so geschädigt, dass sie unmittelbar oder verzögert absterben. Überlebende Tumorzellen können sich in der Folge oft nicht mehr vermehren.

Die Hypofraktionierung setzen Sie bei Brustkrebs ein, eignet sie sich auch für die Behandlung anderer Krebsarten?

Ja, Prostata-, Enddarm- und Lungenkrebs sowie Metastasen bestrahlen wir in vielen Fällen auch so. Bei Bestrahlungen vor oder nach einer Operation eliminiert man mit der Radiotherapie kleinste Tumorherde.

Wie viele Patienten bestrahlen Sie pro Jahr?

Wir haben im Jahr 2020 circa 2200 Tumorpatientinnen und -patienten im Rahmen von ersten Konsulationen beraten, etwa 1800 davon haben wir am Linearbeschleuniger bestrahlt. Die Zahlen der Patienten sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Eine geringere Anzahl Sitzungen ermöglicht uns auch die Behandlung von mehr Patientinnen und Patienten und führt zu kürzeren Wartezeiten.

Zudem hat das Patientenwohl am LUKS oberste Priorität. Innovationen werden konsequent zu den Patientinnen und Patienten gebracht.

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